Dienstag, 19. November 2013

Renaissance – Camera Camera




Renaissance – Camera Camera


Besetzung:

Annie Haslam – lead vocals, backing vocals
Jon Camp – bass guitar, electric guitar, backing vocals
Michael Dunford – acoustic guitar, electric guitar, backing vocals
Peter Gosling – keyboards, backing vocals
Peter Barron – drums, percussion, backing vocals


Label: Repertoire Records


Erscheinungsdatum: 1981


Stil: Pop, New Wave


Trackliste:

1. Camera Camera (6:06)
2. Faeries (Living At The Bottom Of The Garden) (4:02)
3. Remember (4:30)
4. Bonjour Swansong (3:40)
5. Tyrant-Tula (6:00)
6. Okichi-San (6:00)
7. Jigsaw (5:08)
8. Running Away From You (3:53)
9. Ukraine Ways (6:27)

Gesamtspieldauer: 45:46




Ein wenig zu häufig klingt das zehnte Studio-Album der ehemaligen Progressive-Rock-Band so, als hätte diese auf „Camera Camera“ den Versuch gestartet, ihren symphonischen progressiven Rock der 70er mit der gerade erfolgreichen New Wave Welle zu kombinieren. Dass so ein Ansinnen schief gehen musste, ist nicht weiter verwunderlich und fand auch genau so statt.

Bezüglich der Besetzung hatte sich einiges getan seit der Veröffentlichung des letzten Albums zwei Jahre zuvor. John Tout und Terence Sullivan hatten die Band nach „Azure D’Or” verlassen, auch der Plattenvertrag war gekündigt worden und mit zwei neuen Musikern am Keyboard und dem Schlagzeug, wurde nun „Camera Camera“ eingespielt. Seltsamerweise befinden sich auf dem Cover zum Album jedoch nur Haslam, Camp und Dunford mittels dreier Photos abgebildet. Die beiden neuen Musiker Gosling und Barron tauchen dort nicht im Bild auf. Welche Rolle diese also bei Renaissance einnahmen, erschließt sich einem nicht so ohne weiteres. Vielleicht war es jedoch auch der Grund, dass die beiden sich nicht in solch grellbunten, fast schon an Clownskostüme erinnernde Klamotten ablichten lassen wollten. Letzteres speichert man am ehesten aber wohl unter „Mode-Sünden“ der 80er Jahre ab.

Die Musik auf „Camera Camera“ ist zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig. Zwar ist da immer noch der helle und schöne Gesang der Annie Haslam (die allerdings zumindest beim Titelstück ein wenig überfordert scheint) und auch die ein oder andere nette musikalische und melodiöse Idee des Michael Duncan blitzt immer wieder mal auf, jedoch wird dieses allzu oft in ein synthetisch klingendes Gewand gekleidet, als ob die Band einfach nicht den davonrauschenden New Wave Zug verpassen wollte.

Es passiert am Anfang nicht allzu viel auf „Camera Camera“. Die Lieder plätschern meist so vor sich hin, häufig stark vom Synthesizer dominiert und dadurch immer wieder steril und allzu synthetisch klingend. Allerdings ist es nicht nur der Sound, der so gar nicht mehr überzeugen kann, es sind auch die Ideen die fehlen, die den Musikern ausgegangen zu sein scheinen. Man hört hauptsächlich Allerwelts-Pop auf diesem Album von einer Band, die früher für großartige Ideen stand.

Und so verstreicht ein Song nach dem anderen, ohne dass man diesem direkt das Urteil „schlecht“ verleihen möchte – dieses Urteil ergibt sich allerdings im Vergleich zu den früheren Veröffentlichungen der Band. Interessante Musik hört sich deutlich anders an, hat etwas Besonderes, was man auf „Camera Camera“ leider allzu oft vergeblich zu finden hofft. Positiver, da deutlich abwechslungsreicher in den Stimmungen, wird es erst ab etwa Mitte der Platte, denn da lassen sich nun immerhin drei Lieder hervorheben. Da ist zunächst „Tyrant-Tula”, welches tatsächlich noch progressive Ansätze in sich trägt, jedoch ebenfalls unter dieser synthetischen Atmosphäre leidet. Mit Abstrichen lässt sich dies auch noch auf den folgenden Titel „Okichi-San” übertragen. Auch diese Nummer ist deutlich abwechslungsreicher gestaltet, wirkt interessanter und kann somit ebenfalls schon ein wenig mehr überzeugen. Dass es jedoch auch ganz schlecht gehen, nur noch nach langweiligem Mainstream-Pop klingen kann, hört man beim fast schon unsäglichen „Running Away From You”. Da bleibt beim Hörer fast nur noch ein fassungsloses Kopfschütteln.

Allerdings gibt es dann doch noch einen Höhepunkt auf der Platte und dieser findet sich im letzten Titel „Ukraine Ways“. Wenn man dieses Stück hört, können durchaus Erinnerungen an „Mother Russia“ vom Album „Turn Of The Cards“ aufkommen, auch wenn diese Nummer qualitativ noch deutlich über „Ukraine Ways“ steht. Nichtsdestotrotz beinhaltet dieser Titel wieder all jene Zutaten, die Renaissance auch in früheren Zeiten zu einer äußerst hörenswerten Band werden ließen. Ob das in diesem Fall wohl daran liegt, dass sich „Ukraine Ways“ wahrlich nicht synthetisch anhört?

Fazit: „Camera Camera“ ist ein sogenannter „Beißer“. Durchgängig gut ist diese Platte wahrlich nicht, eine ganze Menge Ausschussware befindet sich darauf, die vielleicht den hitradiophilen Popfreund ganz nett nebenbei unterhält, jedoch für Freunde des Progressive Rock so gar nichts bereithält. Aber zumindest gibt es ein wirklich gelungenes Lied und zwei weitere, die ebenfalls durchaus hörenswert sind. Diese clowneske Kleidung, die einen bereits beim Betrachten des Covers abschreckt, lässt sich somit nicht auf alles auf „Camera Camera“ übertragen, was letztendlich in der Feststellung mündet, dass Renaissance schon viele deutlich bessere Alben veröffentlichten, jedoch auch schlechtere. Sieben Punkte.

Anspieltipps: Remember, Tyrant-Tula, Okichi-San, Ukraine Ways