Samstag, 17. Oktober 2020

Anna von Hausswolff – All Thoughts Fly

 




Anna von Hausswolff – All Thoughts Fly


Besetzung:

Anna von Hausswolff – organ




Erscheinungsjahr: 2020


Stil: Post Rock


Trackliste:

1. Theatre Of Nature (6:00)
2. Dolore Di Orsini (4:04)
3. Sacro Bosco (6:23)
4. Persefone (7:09)
5. Entering (2:10)
6. All Thoughts Fly (12:23)
7. Outside The Gate (for Bruna) (5:23)

Gesamtspieldauer: 43:34



Schon die Cover der Alben von Anna von Hausswolff lassen einen irgendwie frösteln. Und diesem „Anspruch“ wird Anna Michaela Ebba Electra von Hausswolff, wie die Schwedin mit vollem Namen heißt, auch auf ihrem fünften Album gerecht. „All Thoughts Fly“ heißt dieses und unterscheidet sich durchaus von den vorherigen Platten der Musikerin, denn auf „All Thoughts Fly“ hört man Orgelmusik. Und dies ausschließlich, denn auch jene Geräusche, die man nicht so ohne Weiteres einer Orgel zuschreiben würde, wie ein Klackern, entstammen dabei der Mechanik des Instruments.

Eingespielt wurde das Album in Göteborg auf einer schwedischen Nachbildung einer Orgel von Arp Schnitger, einem der berühmtesten Orgelbauer aus Deutschland zu seiner Zeit (1648-1719). Es ist zwar nicht die größte Orgel der Welt, wie manchmal irrtümlicherweise behauptet wird, allerdings die größte Orgel, die in Viertelkomma-Mittelton-Stimmung gestimmt ist. Inspiriert wurde Anna von Hausswolff zu diesen sieben Liedern schließlich durch einen Besuch des Gartens Sacro Bosco. In diesem Garten, der in einem bewaldeten Tal etwas nördlich der Stadt Bomarzo liegt, befinden sich verwunschen aussehende mythologische Skulpturen und mit Vegetation überwachsender Gebäude. Er wurde im 16. Jahrhundert von Pier Francesco Orsini in Auftrag gegeben wurde, der ihn seiner verstorbenen Frau widmete und schon Salvadore Dali zu Kunstwerken inspirierte.

Anna von Hausswolff sagt dazu: „Es gibt eine Traurigkeit und Wildnis, die mich zu diesem Album inspiriert haben, auch eine Zeitlosigkeit. Ich glaube, dass dieser Park nicht nur wegen seiner Schönheit überlebt hat, sondern auch wegen der Ikonographie, er wurde von vorhersehbaren Ideen und Idealen befreit. Die Menschen, die diesen Park gebaut haben, haben ihrem Geist und ihrer Phantasie wirklich freien Lauf gelassen. „All Thoughts Fly“ ist eine Hommage an diese Schöpfung und ein Versuch, die Atmosphäre und die Gefühle, die dieser Ort in mir hervorruft, zum Ausdruck zu bringen. Es ist eine sehr persönliche Interpretation eines Ortes, für den mir die Worte fehlen, um ihn zu beschreiben. Ich möchte gerne glauben, dass Orsini diesen monumentalen Park aus der Trauer um seine verstorbene Frau gebaut hat, und in meinem Sacro Bosco habe ich diese Geschichte als Kern meiner eigenen Inspiration verwendet: Liebe als Grundlage für die Schöpfung.“

Nun, „All Thoughts Fly“ klingt sakral, „All Thoughts Fly“ klingt dunkel, „All Thoughts Fly“ klingt traurig. Diese drei Adjektive umschreiben die Stimmung und Atmosphäre sehr gut. Eine tiefe Trauer liegt über dieser Musik, die passend zum kommenden Herbst ein wenig Dunkelheit über Hörerin und Hörer legt. Die Musik geht unter die Haut, wenn man sich denn darauf einlassen kann. Denn nichts darauf klingt nach Sonne, Party oder guter Laune. Es gibt keine Melodien zum Mitsummen, keinen Rhythmus zum Mitwippen. Nur diese tiefe und dunkle Atmosphäre, die der Musik der Anna von Hausswolff öfters innewohnt, auf „All Thoughts Fly“ allerdings noch kompromissloser auf die Zuhörerinnen und Zuhörer einwirkt. Und diese Stimmung packt einen beim Zuhören, lässt jegliche Hektik verschwimmen. Selbstverständlich kann nicht jede und jeder etwas mit solcher Musik anfangen, so weit ab des Mainstreams in düsteren Gefilden. Doch wer sich darauf einlassen kann, wird die Wirkung und Macht von Musik genauso spüren, wie beim Mitsingen des eigenen Lieblingsliedes.

Fazit: Ein bewegendes Album ist „All Thoughts Fly“ geworden. Anna von Hausswolff lässt ihre Hörerinnen und Hörer ganz tief in dunkle und traurige Atmosphären hinabgleiten. Ein Album, für die ruhigen und leisen Momente des Lebens. Auch ein Album zum Nachdenken. Allerdings sollte man nie vergessen, dieser Atmosphäre auch wieder zu entsteigen, der Sonne entgegen. Ein bewegendes Album. Zwölf Punkte.

Anspieltipps: All Thoughts Fly