Freitag, 23. Dezember 2011

Grobschnitt – Ballermann





Grobschnitt – Ballermann


Besetzung:

Stefan Danielak (Wildschwein) – lead vocals, guitar
Joachim H. Ehrig (Eroc) – drums, percussion, electronic, vocals on Sahara
Gerd O. Kühn (Lupo) – lead guitar
Bernhard Uhlemann (Bär) – bass guitar
Volker Kahrs (Mist) – keyboards


Label: Metronome Music / Brain


Erscheinungsdatum: 1974


Stil: Krautrock, Progressive Rock


Trackliste:

1. Sahara (5:38)
2. Nickel-Odeon (9:20)
3. Drummer's Dream (6:16)
4. Morning Song (5:47)
5. Magic Train (13:22)
6. Solar Music, Part 1 (17:33)
7. Solar Music, Part 2 (15:57)




Im Jahr 1974, in dem so viele tolle progressive Rock Platten das Licht der Welt erblickten, in diesem Jahr schickten sich fünf Hagener Musiker an, es ihren britischen Kollegen gleich zu tun und sie veröffentlichten mit „Ballermann“ ebenfalls einen Klassiker, der auch heute, Ende 2011 und damit 37 später, nichts von seinem Glanz verloren hat.

Die Platte beginnt zunächst mit einem Spaß, bei dem Erke Eroc ein paar einleitende Worte zur neuen Platte und zum Song „Sahara“ im breitesten Denglisch spricht. Das Ganze endet mit dem Satz: „Come on boys, let’s sing, that the camels are breaking together – one – two – three – four!“ Was folgt ist ein schräger La-la-la-Gesang, der dann in einen breiten Gitarren- und Keyboardsound übergeht. Eroc übernimmt weiterhin den Gesang und auch wenn dieser, sowohl in seiner Art, als auch vom Text her, weiterhin nicht ganz ernst zu nehmen ist, so ist das Lied trotzdem klasse. Tolle Melodie verbunden mit einem breiten, fetten und dichten Sound. Klasse gemacht. Das Lied endet schließlich, indem es immer schneller und schneller gespielt wird, sich die Stimmen gen Mickey Mouse verabschieden und dabei langsam ausgeblendet werden.

Die zweite Nummer, „Nickel-Odeon“, beginnt wieder mit einem breiten Orgelsound, in den sich dann die Gitarre einklinkt. Das Stück ist die ersten knapp zweieinhalb Minuten ein Instrumentalstück, ehe sich Stefan Danielak mit seinem Gesang zur Instrumentierung dazugesellt. Und hier, in dieser Nummer passt der Gesang sehr gut. Vielleicht, weil er nicht ganz so übertreibt im Ziehen der Vokale, wie es noch auf weiteren Nummern der Platte zu hören sein wird. Nein hier passt es und auch die Musik ist klasse. Der Gesang wird durch sehr ruhige, zurückhaltende Passagen unterbrochen. Alle wie gehabt sehr harmonisch aufeinander abgestimmt, getragen vom breiten Orgelsound und einer Gitarre, die in diesem Stück manchmal so wunderschön frickelig und gleichzeitig melodiös sein darf.

Es folgt „Drummer’s Dream“, welches mit einem schönen Klavierlauf eingeleitet wird. Und hier gibt es sogar mal mehrstimmigen Gesang der Hagener Kombo zu hören. Und auch das haben sie drauf. Der Sologesang Danielaks wirkt hier aber irgendwie überzogen, übertrieben. Ansonsten ist das Stück eine schöne Nummer, die sich immer im Fluss befindet. „Morning Song“ im Anschluss daran, ist wieder ein sehr melodiöses und ruhiges Lied, bei der Sänger Wildschwein hauptsächlich seine Kopfstimme benutzt. Und das klingt gar nicht mal schlecht, das macht er hier richtig gut. Das Lied wird im weiteren Verlauf sogar ein wenig härter, bis es schließlich wieder auf die eher lustige Seite beendet wird, indem sich Eroc wieder in die Vocals mit einbringt.

„Magic Train“ ist mit seinen 13:20 Minuten das drittlängste Lied auf der Platte und stellt eigentlich zwei Lieder dar, die im Grunde genommen nichts miteinander zu tun haben. Da ist zuerst dieser wunderschöne Klavierpart, der etwas länger als drei Minuten andauert und dann leider irgendwie viel zu früh endet. Unglaublich schön. Es kommt zur Pause und der zweite Teil von „Magic Train“ beginnt. Dieser wird durch den Gesang Stefan Danielaks eröffnet und der Song entwickelt sich dann zu einem richtigen Stück progressiver Rockmusik. Für mich klingt Grobschnitt in keinem anderen Song so sehr nach Genesis wie hier. Da sind diese Ideen, diese Breaks, diese Tony Banks-Keyboardläufe, diese Steve Hackett-Gitarrenriffs. Bis auf den Gesang wirklich ganz, ganz nah bei Genesis der frühen 70er.

Ja und dann kommt es, das Meisterwerk von Grobschnitt: „Solar Music“. In dieser Version hier 33 Minuten lang und für mich auch eine der besten Versionen. Und am schönsten genießt man dieses Stück Musik relaxt auf dem Sofa mit Kopfhörern auf den Ohren. Tolle Klangwelten eröffnen sich hier dem Hörer von sphärisch schwebend bis druckvoll treibend, von ganz zart bis kraftvoll und laut. 33 Minuten Abwechslung pur und das wirklich durchgängig melodiös und immer packend. Und auch hier sind wieder einige Scherze eingebaut. Am besten gefällt mir jener, bei dem am Ende des ersten Teils das Mainzelmännchen meiner Jugend sein „Guten Abend“ in das Mikrophon plärrt. „Solar Music“ hat alles und wer Krautrock, aber auch progressive Rockmusik mag, der kann an diesem Stück Musik nicht vorbeigehen - denn „Solar Music“ muss man gehört haben. Und am besten die Live-Version von 1978 gleich hinterher.

Fazit: „Ballermann“ ist ein, wenn nicht der Klassiker von Grobschnitt. Das liegt natürlich mit an der ersten Veröffentlichung des Songs „Solar Music“. Aber auch die anderen Stücke können gefallen, wenn sie auch natürlich nicht an diesen Übersong heranreichen. In all den Jahren hat die Platte nichts von ihrer Klasse eingebüßt und kann immer noch begeistern. Empfehlen zum Kauf würde ich die remasterte Version von 2008. Diese Ausgabe der CD erhöht das Klangerlebnis noch einmal. Mir ist Ballermann 13 Punkte wert.


Anspieltipps: Sahara, Magic Train, Solar Music, Part 1, Solar Music, Part 2





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