Various Artists – Music From The Yiddish Radio Project
Label: Shanachie Entertainment
Erscheinungsjahr: 2002
Trackliste:
1. Intro To "Yiddish Melodies In Swing" von Sam Medoff & The Yiddish Swing Orchestra (1:13)
2. The Bridegroom Special von Sam Medoff & The Yiddish Swing Orchestra (2:17)
3. Adler Shoes Commercial von Henry Morgan (0:18)
4. Second Avenue Square Dance von Dave Tarras Orchestra (2:44)
5. Oh Mama, I'm So In Love von The Barry Sisters With Sam Medoff & The Yiddish Swingtet (1:52)
6. Wevd Station ID von Solomon Dingol (0:04)
7. Die Goldene Khasene von Abe Ellstein Orchestra (3:05)
8. Manischewitz Matzo Commercial von The Barry Sisters and Jan Bart with Same Medoff And The Yiddish Swingtet (0:27)
9. Samson And Delilah von The Barry Sisters And Jan Bart With Sam Medoff And The Yiddish Swingtet (2:29)
10. Bei Mir Bist Du Schoen von The Andrews Sisters (3:07)
11. Hebrew National Meats Commercial von WEVD Radio Anouncers (0:33)
12. Joe And Paul Commercial von Paul Kofsky & Sholom Secunda (0:19)
13. Joe And Paul von Barton Brothers (2:52)
14. Wevd Station ID von Solomon Dingol (0:09)
15. Levine Mit Zayn Flying Machine von Charles Cohan (3:26)
16. Wvfw Station ID von Frank Daniels (0:07)
17. Parkway Cafeteria Commercial von Rubin Goldberg & Hannah Hollander (0:55)
18. Dona Dona von Moishe Oysher And Sholom Secunda (1:33)
19. Stanton Street Clothier's Theme Song von Moishe Oysher (1:51)
20. Wbbc Station ID von Brett Childs (0:09)
21. Wo Bist Du Gewesen Vor Prohibition von Naftule Brandwein Orchestra (3:07)
22. Milady Frozen Fruit Products Commercial von The Pincus Sisters (1:14)
23. Ajax Commercial von Seymour Rechtzeit (0:11)
24. Surrey Mit A Fringe Afn Top / Oy, S'Iz A Sheyne Fremorgen von Seymour Rechtzeit (1:37)
25. Yiddish Melodies In Swing Intro von Sam Medoff & The Yiddish Swingtet (0:42)
26. Yidel Mitn Fiedel von The Barry Sisters With Sam Medoff & The Yiddish Swingtet (2:46)
27. Wcnw Station ID von Wcnw Station (0:09)
28. Turkish Yalle Ve Uve von Naftule Brandwein Orchestra (3:20)
29. Gefilte Fish Commercial von WEVD Radio Anouncers (0:19)
30. Dayenu von Sam Medoff & The Yiddish Swingtet (1:38)
31. Eastside Gluckstern's Restaurant Commercial von The Pincus Sisters (1:00)
32. Barbasol Commercial von Seymour Rechtzeit (0:16)
33. Battle Hymn Of The Republic von Seymour Rechtzeit (1:06)
34. Sign Off To "Yiddish Melodies In Swing" von The Barry Sisters With Sam Medoff & The Yiddish Swingtet (0:48)
Zwischen 1925 und 1955 wurden auf 107 Stationen in den Vereinigten Staaten von Amerika jiddische Radioprogramme ausgestrahlt. Die Hochzeit war in den 30er und 40er Jahren, als immer mehr Radiostationen on-air gingen und die jüdischen Gemeinden in den USA anwuchsen. Ein Kulturschatz, der nie richtig ergründet und archiviert wurde, fast vergessen schien, doch von einem Sammler in New York durch Zufall entdeckt und zum Teil neu veröffentlicht wurde.
Henry Sapoznik ist Autor, Radio- und Plattenproduzent, Gründer des “Yiddish Radio Project” und ein Sammler alter jüdischer Aufnahmen. Für ihn steht fest, dass diese Art von Radioprogrammen nur in den USA stattfinden konnte. “Wie in allen Ländern kontrolliert die Regierung die Radiolizensen, aber hier wurden sie verkauft. Daraus entstand eine Art Marktplatz, der auch kleinere Stationen on-air brachte. Das lief dann so, das jemand eine Lizenz kaufte und Sendezeit an andere vermietete, die für ihre zwei Stunden dann eine eigene Finanzierung finden mussten.”
Die amerikanische Radiolandschaft ist etwas besonderes, denn neben den kommerziellen Sendern und Programmen, gibt es auch Stationen, die zum einen Sendezeit verkaufen, zum anderen sogenannte “Community stations”, eine Art offene Kanäle mit Programmen, die meist von Freiwilligen produziert werden. Sie werden “cultural producers” genannt, Kulturproduzenten. Das sind dann teils fremdsprachige oder kulturelle Programme, die im Mainstream Hörfunk keinen Platz finden. Und die jüdischen Sendungen von damals fielen genau in diese Kategorie. “Viele der jiddischen Programme waren so aufgebaut, dass sie einen tiefer in die Community brachten, betonten, wer man als Hörer und als Mitglied der religiösen, sozialen und nationalen Gemeinschaft war. Die Programme waren keine Western, keiner Gangster Shows, keine “Mystery” Shows. Die Programme waren vor allem Unterhaltung. Besonders Musikshows, jiddisches Gesangstheater, dazu so Schlager und religiöse Musik”, umschreibt Sapoznik die Sendungen.
Mitte der 80er Jahre hatte Henry Sapoznik für das “YIVO Institute for Jewish Research” in New York gearbeitet und gründete dort ein Sound-Archiv. Vor allem Klezmer Musik wurde archiviert. Und bei seiner Suche nach Schellackplatten stieß er immer wieder auf Aluminium Platten, sogenannte Instagram Discs. “Die wurden hergestellt, weil die Sender dokumentieren können mussten, was sie gesendet hatten. Falls es Beschwerden gab, hatte man so eine Kopie der Show, aber diese Discs waren eben nur für eine kurze Zeit gedacht.”
Aluminium Platten als Belegexemplare, auf denen Radiosendungen und Klangaufnahmen, Live-Auftritte und Radiowerbung festgehalten wurden. Nirgends sonst gab es ein Klangarchiv für diese Sendungen, schon gar nicht bei den einzelnen Radiostationen. Der Großteil von ihnen, so Sapoznik, wurde wahrscheinlich während der Kriegsjahre vernichtet, denn Aluminium war ein wichtiges Material. “Niemand wiederholte eine Sendung, das gab es damals nicht. Alles war live, deshalb wurden diese Discs als Altmetall von den Stationen abgegeben. Und einige Kopien überlebten nur deshalb, weil ein paar Leute sie aufhoben, die in den Sendungen vorkamen, sie produzierten oder als Sponsor auftraten.”
Auf diesen Platten, die Sapoznik auszugsweise neu veröffentlichte, ist mitreißendes Radio zu hören, das auch eine wichtige Epoche des jüdischen Lebens gerade in New York dokumentierte. “Die Sprache in den Shows war wie eine Fremdsprache in Amerika. Da gab es Yiddish, wie es von den Juden aus der alten Welt gesprochen wurde. Da waren Leute, die ganz bewusst Yiddish und Englisch in ihrer Sprache vermischten.” Unter den Produzenten dieser Sendungen war auch Nahum Stutchkoff, ein im heutigen Polen geborener jüdischer Autor und Schauspieler, der u.a. das umfassendste jiddische Wörterbuch “Ojzer fun der jidischer schprach” schrieb, das je veröffentlicht wurde. In zahlreichen jiddischen Theaterstücken und Radiosendungenn machte er von sich reden.
Das besondere an Henry Sapozniks CD-Veröffentlichungen für das “Yiddish Radio Project” und seine Arbeit über die jüdischen Radiosendungen ist, dass er zeigen kann, welche Bedeutung diese Hörfunkprogramme für die jüdischen Gemeinden in den USA hatten. Die meisten dieser “Kulturprogramme” – fremdsprachig oder mit anderem ethnischen Hintergrund – wurden nie archiviert. Mit dem Verkauf eines Senders, mit dem Ausscheiden eines Moderators ging auch immer ein Stück der hörbaren Kultur, der Vielseitigkeit im “melting pot” USA verloren. Diese historischen jiddischen Radioprogramme machen jedoch deutlich, wie reich die Vereinigten Staaten von Amerika waren und auch noch sind.