Udo Lindenberg – Daumen Im Wind
Besetzung:
Udo Lindenberg – Gesang, Schlagzeug, Klavier & sonstige Tastaturen Sounds, Perkussion
Carl G. Stephan – Bass
Robert Hook – Akustikgitarren, Mandoline
Thomas Kretschmer – E. & Soundgitarre
Gastmusiker:
Michael Naura – E-Piano
Peter Herbolzheimer – Posaune
Rale Oberpichler – Gesang
Helmut Franke – Akustikgitarre
Jo Kirsten – Akkordeon
Jonny Müller – Chromonika
Rainer Rubink – Banjo
Label: Teldec Schallplatten
Erscheinungsdatum: 1972
Stil: Deutsch Rock, Pop
Trackliste:
1. Daumen im Wind (6:10)
2. Good Life City (2:51)
3. Meer der Träume (5:04)
4. Biochemon (5:12)
5. Hoch im Norden (3:51)
6. In den dunklen tiefen Gängen der Vergangenheit (5:19)
7. Die Kinder deiner Kinder (3:58)
8. Alkoholmädchen (5:48)
Gesamtspieldauer: 38:13
Nein, so hörte man Udo Lindenberg nie wieder, wie auf seinem ersten Album, welches er in Deutsch einsang. Im Übrigen ist „Daumen im Wind“ seine zweite Scheibe überhaupt und wurde 1972 veröffentlicht. Wenn man die Platte auflegt, kann man kaum glauben, dass es sich dabei überhaupt um Udo Lindenberg handelt, denn auch die Stimme klingt hier noch so ganz anders. Dies zumindest beim Opener und dem Titelsong „Daumen im Wind“, welcher auch einen sehr starken Einschlag in Richtung Folk aufweist.
Das relativiert sich bereits deutlich mit der nächsten Nummer, „Good Life City“. Hier sind bereits die Ansätze zu hören, die Udo Lindenberg in Zukunft so unverwechselbar werden lassen. Diese etwas schnoddrige Sprache, die es so in Deutschland Anfang der 70er Jahre auf Deutsch noch nie zu hören gab. Dies trifft ebenfalls auf die Inhalte zu, die schon diesen typischen „lindenbergschen“ Humor aufweisen. Dazu eine schöne Melodie, erneut etwas folkig angehaucht, jedoch im Refrain durchaus rockig. Ein richtig guter Titel, der einiges aus der Karriere des Gronauers vorwegnimmt.
Ganz anders wird es dann mit „Meer der Träume“. Das ist eine sehr sphärische Nummer, wie sie so von Udo Lindenberg nie wieder zu hören sein wird. Sehr entspannt und relaxt, das Ganze. „Biochemon“ klingt dann eher spacig, ebenfalls sehr ungewohnte Töne von Udo Lindenberg. Und dann kommt es, das einzige, wohl doch bekannte Lied auf „Daumen im Wind“: „Hoch im Norden“. Diese Nummer wurde damals sehr viel im Radio gespielt und war der erste Achtungserfolg des Udo Lindenberg. Die LP „Daumen im Wind“ verkaufte sich dagegen nur sehr zäh. „Hoch im Norden“ ist ein klasse Lied geworden, humorvoll, rockig und sehr tiefgründig. Dazu noch versehen mit einer Melodie, die sich wahrlich schnell ins Musikzentrum des Hörers einbrennt. Richtig gut gemacht und eines meiner Lieblingslieder von Udo Lindenberg.
Dann folgt wieder ein Lied, wie man es so, in dieser Art, wohl eher nicht von Udo Lindenberg erwartet. Spacig bis psychedelisch hört man nun das etwas entrückte „In den dunklen tiefen Gängen der Vergangenheit“, welches wieder sehr sanft und melodiös aus den Boxen quillt. Etwas rockiger, aber keineswegs weniger melodisch, folgt anschließend „Die Kinder deiner Kinder“. Aber auch hier gibt es im mittleren Teil durchaus psychedelische Ansätze, die dem damaligen Zeitgeist geschuldet waren und überaus hörenswert sind, da sie wahrlich etwas Besonders, gerade im Falle des Udo Lindenberg, darstellen. Zudem wurde das Stück wieder mit einem etwas nachdenklich machenden Text ausgestattet, der sich ebenfalls lohnt verfolgt zu werden. Zum Abschluss folgt dann mit „Alkoholmädchen“ eine Nummer, die so auch auf einem der späteren Scheiben des Udo Lindenbergs hätte auftauchen können. Das Thema Alkohol spielte ja auch im Leben des Künstlers eine durchaus nicht zu unterschätzende Rolle, womit diese Redundanz durchaus verständlich wird. Klasse hier auch der fette Orgelsound, der natürlich auch wieder perfekt in die damalige Zeit passt.
Fazit: „Daumen im Wind“ ist ein weitestgehend unbekanntes Album von Udo Lindenberg, allerdings ein sehr überzeugendes. Wunderschöne Melodien, tolle Texte, geniale Einfälle. Wer den Udo Lindenberg von „Alles klar auf der Andrea Doria“ oder „Votan Wahnwitz“ mag, der wird sicherlich auch von dieser Scheibe hier begeistert sein. Dazu kommt, dass man Udo Lindenberg mal so ganz anders hört. Beim ersten Titel wäre ich persönlich zum Beispiel nie darauf gekommen, dass es sich hierbei um Udo Lindenberg handelt, da dessen Stimme doch noch so ganz anders klingt. Das macht die Platte wiederum deutlich spannender, da es nicht nur die Stimme, sondern auch der Sound ist, der zwar ungewohnt, doch sehr überzeugend ist. Lohnt sich sehr. Zwölf Punkte.
Anspieltipps: Hoch im Norden, In den dunklen tiefen Gängen der Vergangenheit, Die Kinder deiner Kinder und jedes andere Lied