Dienstag, 9. Juni 2015

Angelo Branduardi – La Pulce D’Acqua




Angelo Branduardi – La Pulce D’Acqua


Besetzung:

Angelo Branduardi – Gesang, Violine, Gitarre, Panflöte, Chor


Gastmusiker:

Gigi Cappellotto – Bass
Bruno de Filippi – Sitar, Harmonica, Ocarina
Massimiliano di Carlo – Cetra
Franco di Sabatino – Klavier
Maurizio Fabrizio – Piano, Gitarre, Chor
Roberto Puleo – Bouzouki, Slide Gitarre
Andy Surdi – Schlagzeug, Perkussion
Luigi Lai – Launeddas


Label: Polydor


Erscheinungsdatum: 1977


Stil: Folk


Trackliste:

1. Ballo In Fa Diesis Minore (7:02)
2. Il Ciliegio (4:15)
3. Nascita Di Un Lago (4:12)
4. Il Poeta Di Corte (3:49)
5. Il Marinaio (4:07)
6. La Pulce D'Acqua (4:44)
7. La Sposa Rubata (4:01)
8. La Lepre Nella Luna (5:02)
9. La Bella Dama Senza Pietà (6:40)

Gesamtspieldauer: 44:03




Was sammelt sich nicht alles für Musik im Laufe der Jahre an. Manchmal ist das auch Musik, die man zwar noch ganz gut kennt, aber schon seit zehn, fünfzehn Jahren überhaupt nicht mehr gehört hat. Bei Angelo Branduardi’s Album „La Pulce D’Acqua“ ist das bei mir der Fall. Ich kann übrigens mit italienischen Schlagerfuzzis à la Eros Ramazotti nun so gar nichts anfangen, besitze so etwas glücklicherweise auch nicht. Und wenn mich jemand richtig ärgern wollen würde, dann wüsste ich auch, was er mir schenken müsste… Egal, das vorliegende Album habe ich in den 80ern einem guten Freund für zwei Mark abgekauft, da dieser nach Rom umgezogen ist und seine Platten nicht mitnehmen konnte. Höre ich diese Musik dann doch wieder mal, denke ich natürlich unweigerlich an ihn. Und diese Platte von Angelo Branduardi ist etwas Besonderes für mich.

Nun, Angelo Branduardi macht allerdings auch keinen italienischen Schlager, zumindest nicht auf „La Pulce D’Acqua“, wobei dies auch das einzige Album von ihm ist, welches ich kenne. Auch ist es die einzige Platte, die ich besitze, auf der jemand italienisch singt. Die Musik kann man durchaus mit Folk umschreiben, italienischen Folk eben. Angelo Branduardi singt auf „La Pulce D’Acqua“ so hingebungsvoll und intensiv, dass er manchmal fast schon einen Tick zu weich, am Rande des Kitsches entlang balanciert – aber nur manchmal und nur fast. Die Stimme scheint sehr bewegende Geschichten zu erzählen und da ist es gar nicht mehr so wichtig, dass man diese nicht versteht, wenn man des Italienischen nicht so mächtig ist. Ausdrucksstark erzählt der Italiener auf dem Album seine Sätze und das eingebettet in sehr schöne, melodische und harmonische Melodien. Eine Ader für diese sanften Töne sollte man definitiv haben, dann wird der Genuss der Musik umso intensiver.

Gerade die ersten Titel auf „La Pulce D’Acqua“ überzeugen sehr. Eingängige, das Ohr umschmeichelnde Harmonien schwingen da fast schon im Überfluss durch den Raum. „Ballo In Fa Diesis Minore“ ist eine Nummer, die sogar ein wenig an mittelalterliche Musik erinnert, hervorgerufen wird dieser Eindruck nicht zuletzt durch die verwendeten Instrumente. Da entsteht vor dem geistigen Auge ein Minnesänger, der vertieft in seinen Gesang und sein Instrument spielend in der Ecke sitzt. Bei prasselndem Kaminfeuer lächeln sich Ritter und Burgfräulein freundlich zu und drehen, sich tief in die Augen blickend, ihre Kreise im großen Wohnsaal der Burg. Auch „Il Ciliegio“ kann wegen seiner eingängigen Melodie überzeugen, die sofort ins Ohr geht. Nun und dann gibt es da die Nummer „Nascita Di Un Lago“. Getragen beginnt das Lied mit Bläsern, getragen geht es weiter mit dem zerbrechlich klingenden Gesang des Angelo Branduardi. Und schließlich kommt er, dieser Refrain zum Steinerweichen. Unglaublich schön. Wenn jemand mal eine liebe Frau von seiner romantischen Ader überzeugen muss: damit habt ihr sie, Freunde. Nun, blieben noch zwei Lieder, welche es lohnt extra erwähnt zu werden. Zum einen das Titellied „La Pulce D’Acqua“. Die Geschichte vom „Wasserfloh“ ist eine durchgehend fröhliche Nummer, die etwas im Gegensatz zum Rest des Albums steht, auf dem sonst viel Moll und eher eine traurige Stimmung transportiert wird. Schließlich möchte ich an dieser Stelle noch das letzte Lied  der Platte, „La Bella Dama Senza Pietà“, erwähnen, welches durch eine Sitar und Streicher so herrlich orientalisch klingt. Geht gar nicht mal so ins Ohr, aber die Atmosphäre der Nummer, die hat was und ist sehr überzeugend.

Fazit: „La Pulce D’Acqua“ hat seine Höhepunkte. Manches Lied wirkt vielleicht ein wenig zu getragen, zu weich, um das Herz des Rock-Fans noch erwärmen zu können. Der denkt sich: „Mensch Angelo, stell Dich gerade hin, Kopf hoch, Du bist doch ein Mann und kein Weichei!“ Und genau in diesem Moment kommt wieder dieser Refrain von „Nascita Di Un Lago“ und erfüllt den Raum. Plötzlich ist alles wieder ganz anders. Lange her, dass mein Freund nach Rom ging. Zehn Punkte.

Anspieltipps: Ballo In Fa Diesis Minore, Nascita Di Un Lago, La Pulce D'Acqua