Gentle Giant – Acquiring The Taste
Besetzung:
Derek Shulman – alto sax, clavichord, cowbell, lead vocals
Phil Shulman – alto & tenor sax, clarinet, trumpet, piano, claves, maracas, lead vocals
Ray Shulman – bass, violin, viola, electric violin, Spanish guitar, tambourine, 12 string guitar, organ bass pedals, skulls, vocals
Gary Green – 6 string guitar, 12 string guitar, 12 string wah-wah guitar, donkey's jawbone, cat calls, voice
Kerry Minnear – electric piano, organ, mellotron, vibraphone, Moog, piano, celeste, clavichord, harpsichord, tympani, maracas, lead vocals
Martin Smith – drums, tambourine, gongs, side drum
Gastmusiker:
Paul Cosh – trumpet, organ
Tony Visconti – recorder, bass drum, triangle
Label: Vertigo
Erscheinungsdatum: 1971
Stil: Progressive Rock
Trackliste:
1. Pantagruel's Nativity (6:53)
2. Edge Of Twilight (3:52)
3. The House, The Street, The Room (6:06)
4. Acquiring The Taste (1:40)
5. Wreck (4:40)
6. The Moon Is Down (4:49)
7. Black Cat (3:54)
8. Plain Truth (7:36)
“Acquiring the taste is the second phase of sensory pleasure. If you've gorged yourself on our first album, then relish the finer flavours (we hope) of this, our second offering.
It is our goal to expand the frontiers of contemporary popular music at the risk of being very unpopular. We have recorded each composition with one thought - that it should be unique, adventurous and fascinating. It has taken every shred of our combined musical and technical knowledge to achieve this.
From the outset we have abandoned all preconceived thoughts on blatant commercialism. Instead we hope to give you something far more substantial and fulfilling. All you need to do is sit back, and acquire the taste.”
Das ist die Botschaft, die Gentle Giant auf das Platten- beziehungsweise CD-Cover zu ihrer zweiten Veröffentlichung „Acquiring The Taste“ aus dem Jahr 1971 drucken ließ. Der zweite Satz darin erscheint mir dabei am Wichtigsten und bedeutet frei übersetzt etwa: „Unser Ziel ist es, die Grenzen der zeitgenössischen Pop-Musik zu erweitern, auch auf die Gefahr hin, dabei sehr unpopulär zu sein.“ „Unpopulär“ wirkt es zunächst wirklich. Denn wenn ich ein Album kenne, dem man Zeit zum Reifen einräumen muss, sprich, man muss es immer und immer wieder hören, bis sich einem seine Schönheit, seine Komplexität und auch seine Qualität erschließt, dann ist das „Acquiring The Taste“ von Gentle Giant. Alles was Yes, Genesis, King Crimson, ja sogar Van der Graaf Generator da produziert haben, ist sehr viel eingängiger. Und so ließ mich „Acquiring The Taste“ nach dem ersten Hören ziemlich ratlos zurück und es festigte sich der Gedanke: Mann, ist das abgefahren! Und wenn ich direkt danach Punkte für dieses Album hätte vergeben sollen, so wären es wohl nicht mehr als derer drei geworden.
Aber natürlich habe ich diesem Album Zeit zum Reifen eingeräumt. Sogar eine ganze Menge Zeit. Und siehe da, der Opener „Pantagruel's Nativity“ wurde plötzlich sehr viel melodischer und jedes Instrument, jedes gesungene Wort sowie jeder Ton erklingen genau an der perfekten Stelle in dem Lied. „Edge Of Twilight” wirkt plötzlich nicht mehr nur getragen, sondern mit seinem Gesang und seiner Instrumentierung fast schon mystisch und plötzlich tauchen da diese Spinett-Klänge in der Mitte des Liedes auf und rühren – zu was auch immer.
„The House, The Street, The Room” rockt und hat einen wunderschönen, melodiösen Refrain. Dann gibt es da diesen völlig schrägen Part, in dem die Trompete so herrlich frei klingt, bis E-Gitarre und Orgel das Zepter des Handelns in die Hand nehmen und es richtig rockt. Und schließlich geht alles wieder in den Anfangspart über, um abschließend wieder mit dieser Trompete zu enden.
Der Titelsong „Acquiring The Taste” ist eine kurze Instrumentalnummer, die ebenfalls erst nach dem zehnten Hören melodiös klingt. Dann folgt „Wreck”, überraschenderweise ein Titel, der sogar schon beim ersten Hören ins Ohr geht. Zum Teil wirkt dieses Stück wie ein Shanty und man ist versucht dieses „Hey Yeah Yeah Hold On“ mitzugrölen. Konterkariert wird das Ganze durch einen Part bestehend aus Blockflöten und Spinett. Jetzt wird es richtig mittelalterlich. Und die Gesamtheit des Songs wirkt in keinster Weise konstruiert, alles passt perfekt zusammen.
Bei „The Moon Is Down” fällt sofort dieser mehrstimmige Gesang auf, der klasse arrangiert ist. Und richtig toll und melodiös geht es dann instrumental weiter. „The Moon Is Down” ist die Nummer auf dem Album, die bei mir durch mehrmaliges Hören am stärksten gewachsen ist. Für mich inzwischen ein Highlight im Repertoire der sanften Riesen.
Es folgt der siebte Titel, „Black Cat“. Hier spielt die Violine die Hauptrolle, mal gezupft, mal gestrichen. Und auch bei diesem Track gibt es wieder toll arrangierten, mehrstimmigen Gesang. Neben „Wreck“ ist „Black Cat“ wohl der Song des Albums, der am schnellsten ins Ohr geht, auch wenn sich der Mittelteil ein wenig nach Katzenmusik anhört... Klasse auch das Ende des Stücks, wenn das Maunzen und Schnurren einer Katze mittels Instrument wiedergegeben wird.
„Plain Truth” ist das längste Stück des Albums und bildet gleichzeitig seinen Abschluss. Eine zunächst sehr rockige Nummer, die einen sehr ruhigen Mittelteil aufweist, in dem eine ganze Menge aus der Violine herausgeholt wird, bevor es wieder rockig endet.
Fazit: Mit „Acquiring The Taste” kann man Menschen verjagen! Solche, die mit progressiver Rockmusik der frühen Siebziger nichts anfangen können – sowieso. Aber auch wenn man gerade dort seine musikalische Heimat gefunden hat, so erfordert „Acquiring The Taste“ doch noch zusätzliche Arbeit. Die Musik erschließt sich nicht sofort. Sie ist überhaupt keine Musik für den Hintergrund. Sie erfordert die volle Aufmerksamkeit des Hörers, der, wenn er so tickt wie ich, erst nach mehreren Durchläufen die volle Schönheit der Kompositionen erkennen wird. Auch nach vielem Durchhören ist das kein 15-Punkte-Album. Allerdings haben sich die drei Punkte vom Beginn mehr als verdreifacht: Von mir gibt es für „Acquiring The Taste” zehn Punkte.
Anspieltipps: The House, The Street, The Room; Acquiring The Taste; Wreck; The Moon Is Down
It is our goal to expand the frontiers of contemporary popular music at the risk of being very unpopular. We have recorded each composition with one thought - that it should be unique, adventurous and fascinating. It has taken every shred of our combined musical and technical knowledge to achieve this.
From the outset we have abandoned all preconceived thoughts on blatant commercialism. Instead we hope to give you something far more substantial and fulfilling. All you need to do is sit back, and acquire the taste.”
Das ist die Botschaft, die Gentle Giant auf das Platten- beziehungsweise CD-Cover zu ihrer zweiten Veröffentlichung „Acquiring The Taste“ aus dem Jahr 1971 drucken ließ. Der zweite Satz darin erscheint mir dabei am Wichtigsten und bedeutet frei übersetzt etwa: „Unser Ziel ist es, die Grenzen der zeitgenössischen Pop-Musik zu erweitern, auch auf die Gefahr hin, dabei sehr unpopulär zu sein.“ „Unpopulär“ wirkt es zunächst wirklich. Denn wenn ich ein Album kenne, dem man Zeit zum Reifen einräumen muss, sprich, man muss es immer und immer wieder hören, bis sich einem seine Schönheit, seine Komplexität und auch seine Qualität erschließt, dann ist das „Acquiring The Taste“ von Gentle Giant. Alles was Yes, Genesis, King Crimson, ja sogar Van der Graaf Generator da produziert haben, ist sehr viel eingängiger. Und so ließ mich „Acquiring The Taste“ nach dem ersten Hören ziemlich ratlos zurück und es festigte sich der Gedanke: Mann, ist das abgefahren! Und wenn ich direkt danach Punkte für dieses Album hätte vergeben sollen, so wären es wohl nicht mehr als derer drei geworden.
Aber natürlich habe ich diesem Album Zeit zum Reifen eingeräumt. Sogar eine ganze Menge Zeit. Und siehe da, der Opener „Pantagruel's Nativity“ wurde plötzlich sehr viel melodischer und jedes Instrument, jedes gesungene Wort sowie jeder Ton erklingen genau an der perfekten Stelle in dem Lied. „Edge Of Twilight” wirkt plötzlich nicht mehr nur getragen, sondern mit seinem Gesang und seiner Instrumentierung fast schon mystisch und plötzlich tauchen da diese Spinett-Klänge in der Mitte des Liedes auf und rühren – zu was auch immer.
„The House, The Street, The Room” rockt und hat einen wunderschönen, melodiösen Refrain. Dann gibt es da diesen völlig schrägen Part, in dem die Trompete so herrlich frei klingt, bis E-Gitarre und Orgel das Zepter des Handelns in die Hand nehmen und es richtig rockt. Und schließlich geht alles wieder in den Anfangspart über, um abschließend wieder mit dieser Trompete zu enden.
Der Titelsong „Acquiring The Taste” ist eine kurze Instrumentalnummer, die ebenfalls erst nach dem zehnten Hören melodiös klingt. Dann folgt „Wreck”, überraschenderweise ein Titel, der sogar schon beim ersten Hören ins Ohr geht. Zum Teil wirkt dieses Stück wie ein Shanty und man ist versucht dieses „Hey Yeah Yeah Hold On“ mitzugrölen. Konterkariert wird das Ganze durch einen Part bestehend aus Blockflöten und Spinett. Jetzt wird es richtig mittelalterlich. Und die Gesamtheit des Songs wirkt in keinster Weise konstruiert, alles passt perfekt zusammen.
Bei „The Moon Is Down” fällt sofort dieser mehrstimmige Gesang auf, der klasse arrangiert ist. Und richtig toll und melodiös geht es dann instrumental weiter. „The Moon Is Down” ist die Nummer auf dem Album, die bei mir durch mehrmaliges Hören am stärksten gewachsen ist. Für mich inzwischen ein Highlight im Repertoire der sanften Riesen.
Es folgt der siebte Titel, „Black Cat“. Hier spielt die Violine die Hauptrolle, mal gezupft, mal gestrichen. Und auch bei diesem Track gibt es wieder toll arrangierten, mehrstimmigen Gesang. Neben „Wreck“ ist „Black Cat“ wohl der Song des Albums, der am schnellsten ins Ohr geht, auch wenn sich der Mittelteil ein wenig nach Katzenmusik anhört... Klasse auch das Ende des Stücks, wenn das Maunzen und Schnurren einer Katze mittels Instrument wiedergegeben wird.
„Plain Truth” ist das längste Stück des Albums und bildet gleichzeitig seinen Abschluss. Eine zunächst sehr rockige Nummer, die einen sehr ruhigen Mittelteil aufweist, in dem eine ganze Menge aus der Violine herausgeholt wird, bevor es wieder rockig endet.
Fazit: Mit „Acquiring The Taste” kann man Menschen verjagen! Solche, die mit progressiver Rockmusik der frühen Siebziger nichts anfangen können – sowieso. Aber auch wenn man gerade dort seine musikalische Heimat gefunden hat, so erfordert „Acquiring The Taste“ doch noch zusätzliche Arbeit. Die Musik erschließt sich nicht sofort. Sie ist überhaupt keine Musik für den Hintergrund. Sie erfordert die volle Aufmerksamkeit des Hörers, der, wenn er so tickt wie ich, erst nach mehreren Durchläufen die volle Schönheit der Kompositionen erkennen wird. Auch nach vielem Durchhören ist das kein 15-Punkte-Album. Allerdings haben sich die drei Punkte vom Beginn mehr als verdreifacht: Von mir gibt es für „Acquiring The Taste” zehn Punkte.
Anspieltipps: The House, The Street, The Room; Acquiring The Taste; Wreck; The Moon Is Down