Brainticket – Cottonwoodhill
Besetzung:
Joel Vandroogenbroeck – organ, flute, keyboards, vocals
Ron Bryer – guitar
Werner Fröhlich – bass guitar
Cosimo Lampis – drums
Wolfgang Paap – tablar
Dawn Muir – voice
Hellmuth Klobe – potentiometers, generators and sound effects
Label: Purple Pyramid Records
Erscheinungsdatum: 1971
Stil: Psychedelic Rock
Trackliste:
1. Black Sand (4:04)
2. Places Of Light (4:03)
3. Brainticket Part I (12:38)
4. Brainticket Part II (13:12)
Gesamtspieldauer: 33:58
„Cottonwoodhill“ heißt das erste Studioalbum der Schweizer Band Brainticket, deren Kopf allerdings der belgische Musiker und Multiinstrumentalist Joel Vandroogenbroeck war. Ursprünglich war die Platte im Jahr 1971 auf Bellaphon veröffentlicht worden, im Jahr 2013 gab es dann eine Wiedererscheinung auf dem Plattenlabel Purple Pyramid Records.
Hier die Botschaften, die auf dem Plattencover mit abgedruckt wurden:
Advice: After listening to this disc, your friends won’t know you anymore.
Warning: Only listen once a day to this disc. Your brain might be destroyed!
Join in… Listen to the first recording of this LSD/Hashhigh/Fixy/Jointy Sound. Take a trip to your inner light. See the hallucinations of reality rise out of the groove, you’ve got your brainticket now!
Klingt seltsam. Macht es allerdings nicht mehr, wenn man diese Scheibe hört, denn dann weiß man sofort, was der Schreiber dieser Zeilen meinte. Für mich ist „Cottonwoodhill“ von Brainticket die psychedelischste Musik überhaupt, welche ich kenne. Aber nein, „Cottonwoodhill“ von Brainticket ist überhaupt keine Musik, „Cottonwoodhill“ von Brainticket ist ein Trip, ein in Töne umgewandelter LSD-Trip. Etwas, was man so mit Sicherheit noch nie gehört hat.
Dabei fängt die Scheibe mit dem Stück „Black Sand“ noch relativ unverfänglich an. Natürlich ist das auch schon Psychedelic Rock in einem Lied, bei dem eine Orgel ziemlich zentral angeordnet ist und um diese herum gruppieren sich die anderen Rockinstrumente wie Gitarre, Bass und Schlagzeug. Nicht allzu melodisch, trotzdem auf seine Art eingängig. Es folgt mit „Places Of Light“ eine ebenfalls etwas über vierminütige Nummer, die dann sogar ein klein wenig funky klingt. Klasse hier der Einsatz der Querflöte, die das Gefühl der 70er Jahre aufleben lässt und transportiert. Dann wird es in dem Lied schon etwas ungewöhnlicher. Die Orgel wird zu dominierenden Instrument und Dawn Muir startet eine Art Sprechgesang. Sie erzählt und erzählt, hält sich dabei kaum an die Musik, die nun abwechselnd von der Querflöte, der Gitarre oder der Orgel dominiert wird.
Anschließend folgt das, was die Band Brainticket und die Platte „Cottonwoodhill“ schon sehr speziell werden lässt. Das Lied „Brainticket Part I“ startet mit zersplitterndem Glas und auch sonst fällt einiges zu Boden. Man hört ein startendes Auto, Gehupe und eine Polizei- oder Feuerwehrsirene. Anschließend passiert es dann, ein Orgelakkord wird eingeführt und ist für die nächsten 25 Minuten zu hören. Fast ununterbrochen. Immer wieder derselbe Lauf. Aggressiv, monoton, hypnotisierend. Immer und immer wieder derselbe kurze Lauf. Schier unendlich lang. Garniert wird das Ganze mit zahlreichen Geräuschen. Man hört Lachen, Gurgeln, Sprachfetzen, Affengeschrei, Lärm und vieles mehr. Allerdings ist das nur ein Teil, denn nun läuft Dawn Muir zur Höchstform auf. Mal flüstert sie, mal stöhnt sie, mal weint sie fast, mal wirkt sie gehetzt, mal schreit sie, mal scheint sie große Angst zu haben und manchmal erzählt sie einfach. Dies alles neben diesem gnadenlosen, nie enden wollenden Orgellauf, der aggressiv und vernichtend aus dem Boxen kreischt.
Auf der ursprünglichen LP war „Brainticket Part I“ aufgrund der Lauflänge einer LP-Seite in zwei Teile geteilt worden, wurde am Ende der ersten Seite aus- und zu Beginn der zweiten Plattenseite wieder eingeblendet. „Brainticket Part I“ endet ziemlich plötzlich mit den ersten Akkorden von Beethovens fünfter Symphonie. Sofort startet nun „Brainticket Part II“. Das Überaschende dabei ist, dass dieser eine Orgellauf einfach fortgesetzt wird. Nochmals über dreizehn Minuten Länge. Der Unterschied zu Part I liegt in den Nebengeräuschen und dem, was Dawn Muir erzählt. Wie sie allerdings über Gefühle, Sex, Leben, Ängste und so weiter erzählt, das bleibt unverändert gleich, nämlich mal flüsternd, mal stöhnend, mal fast weinend, mal gehetzt, mal schreiend, mal ängstlich und mal einfach erzählend.
Fazit: Absolut intensiv ist „Cottonwoodhill“ von Brainticket. Psychedelic Rock in exzessiver Ausprägung, aggressiv, verstörend, gnadenlos. Ganz bestimmt keine Musik für die breite Masse der Musikbegeisterten. Die allermeisten Hörerinnen und Hörer wird diese Musik sogar in den Wahnsinn treiben, sodass die Warnhinweise im Cover durchaus ihre Berechtigung besitzen. Solche Musik kann man nicht immer hören, da sie anstrengend ist. Selbstverständlich geht das auch nicht nebenher. Auf „Cottonwoodhill“ muss man sich konzentrieren oder es ganz lassen. Denn eins ist dieses Album ganz gewiss: intensiv, sehr intensiv. Zwölf Punkte.
Anspieltipps: Brainticket Part I & II