Jethro Tull – The Zealot Gene
Besetzung:
Ian Anderson – flute, vocals, acoustic guitars, mandolin, irish whistle, percussion, harminica
David Goodier – bass guitar
John O’Hara – keyboards, hammond, piano and accordion
Florian Opahle – guitar
Scott Hammond – drums
Joe Parrish-James – guitar (track 11)
Label: InsideOut Music
Erscheinungsjahr: 2022
Stil: Art Rock, Folk Rock, Progressive Rock
Trackliste:
1. Mrs Tibbets (5:53)
2. Jacob‘s Tales (2:13)
3. Mine Is The Mountain (5:40)
4. The Zealot Gene (3:54)
5. Shoshana Sleeping (3:41)
6. Sad City Sisters (3:40)
7. Barren Beth, Wild Desert John (3:37)
8. The Betrayal Of Joshua Kynde (4:06)
9. Where Did Saturday Go? (3:53)
10. Three Loves, Three (3:30)
11. In Brief Visitation (3:00)
12. The Fisherman Of Ephesus (3:41)
Gesamtspieldauer: 46:53
Im Jahr 2003 veröffentlichten Jethro Tull ihr bisher letztes Studioalbum unter diesem Namen. „The Jethro Tull Christmas Album” hieß dieses und darauf befanden sich – keine Überraschung – alte und neue Jethro Tull Stücke in weihnachtlichem Gewand sowie traditionelle, weihnachtliche Lieder, die auf den Jethro Tull Sound angepasst wurden. Und dann? Dann gab es noch einige Solo-Veröffentlichungen von Ian Anderson, die unter seinem Namen oder unter der „Überschrift“ Jethro Tull’s Ian Anderson erschienen. Die bekannteste Platte dürfte hier wohl „Thick As A Brick 2“ aus dem Jahr 2012 sein.
Und jetzt folgt also im Jahr 2022 das 22. offizielle Studioalbum von Jethro Tull mit dem Titel „The Zealot Gene“. Wie fast immer bei Jethro Tull so hatte es auch dieses Mal wieder im Vergleich zur letzten Veröffentlichung eine Neubesetzung der Musiker gegeben. Und selbst Martin Barre, der seit dem zweiten Jethro Tull-Album „Stand Up“ auch an allen folgenden Alben bis zum bereits erwähnten „Christmas Album“ beteiligt war, war von Ian Anderson ausgetauscht worden. Joe Parrish-James und Florian Opahle ersetzen ihn und sind nun an der Gitarre zu hören. Erstgenannter allerdings lediglich beim Titel „In Brief Visitation“.
Doch nun zur Musik auf „The Zealot Gene“. Es gibt Bands, die erkennt man nach nur wenigen Takten, da sie ganz speziell klingen. Bei Jethro Tull geht das noch schneller. Ein kurzes Brummen und schon erklingt beim Opener „Mrs Tibbets“ die Querflöte des Ian Anderson und kurz danach setzt sein unverwechselbarer Gesang ein. Eindeutig Jethro Tull – von daher wird man schon mal nicht enttäuscht, denn auch die weiteren Titel klingen unverwechselbar nach Jethro Tull. Ian Anderson ist hier keine Experimente eingegangen.
Laut eigener Aussage wollte Ian Anderson mit „The Zealot Gene“ ein eindeutiges Rockalbum machen. Das ist ihm gelungen, jedoch nur zum Teil, denn ein „eindeutiges“ Rockalbum ist „The Zealot Gene“ nicht geworden. Vielmehr wechseln sich auf diesem Album rockige Titel – gut, auch eindeutig rockige Titel – mit folkigen Nummern ab, wobei letztere zum Teil sogar akustisch eingespielt wurden. Spaß macht da das Zuhören durchaus, denn Langweile kommt bei dieser Abwechslung niemals auf.
Den progressiven Ansatz in der Musik von Jethro Tull gibt es allerdings nur noch am Rande. Die Lieder sind kompakt gestaltet und zumeist zwischen drei und vier Minuten lang. Überzeugen können die einzelnen Lieder trotzdem und erinnern im Falle der folkigen Nummern an die Alben Ende der 70er Jahre „Songs From The Wood“, „Stormwatch” und „Heavy Horses“. Bei den rockigeren Titeln können dann durchaus Assoziationen zum 74er Album „Warchild“ aufkommen. Etwas gewöhnungsbedürftig klingt zu Beginn sowie im weiteren Verlauf das zweite Lied „Jacob‘s Tales“, bei welchem immer wieder eine Mundharmonika zum Einsatz kommt. Ein schönes Instrument, doch im Zusammenhang mit der Musik bräuchte ich das auf einem Jethro Tull Album nicht unbedingt. Einen leichten progressiven Touch besitzen noch die beiden Stücke „Mine Is The Mountain“ sowie „The Betrayal Of Joshua Kynde“.
Inhaltlich sieht es dann noch mal ganz anders aus. Da finden sich beim Album „The Zealot Gene“ Parallelen zur vierten und einer der bekanntesten Platten der Band, zu „Aqualung“ aus dem Jahr 1971. Beide Alben befassen sich inhaltlich mit dem Thema Religion und was Eiferer und allzu fanatische Ideologien für Unglück und Leid über diese Welt gebracht haben. Daher auch der Titel des Albums „The Zealot Gene“. Dem Wortursprung aus dem Altgriechischen nach bedeutet der Name der Zeloten, die im 6. Jahrhundert nach Christus gelebt haben, Eiferer.
Nun, unabhängig vom Inhalt und ob man Rock oder Folk auf „The Zealot Gene“ hört, alle Lieder klingen eingängig, melodiös und eindeutig nach Jethro Tull. Das wird sicherlich alle Fans der Band freuen. Dabei klingt die Musik nicht wie ein Aufguss alter Lieder, sondern wie eine Erweiterung des Liedkatalogs der Band um Ian Anderson. Manchmal ist es einfach auch schön, dass auch neue Musik einer Band, einer Musikerin oder eines Musikers so klingt, wie man sie auf vorherigen Alben lieben und zu schätzen gelernt hat – wenn sie denn nicht nur kopiert. Und genau das machen Jethro Tull auf „The Zealot Gene“ nicht, wodurch sich das Album für alle, die die Musik von Jethro Tull lieben auch lohnen wird.
Fazit: Für alle, die die Musik von Jethro Tull lieben ist dieses Album gedacht. Ian Anderson geht auf „The Zealot Gene“ keine Experimente ein und Jethro Tull klingen wir Jethro Tull. Dabei sind die Lieder keine Kopien bereits lang veröffentlichter Lieder, sondern weiten das Repertoire von Jethro Tull aus. Macht Spaß zu hören. Elf Punkte.
Anspieltipps: Mine Is The Mountain, Sad City Sisters, The Betrayal Of Joshua Kynde