Dienstag, 19. Juni 2018

Motorpsycho – Still Life With Eggplant




Motorpsycho – Still Life With Eggplant


Besetzung:

Bent Sæther – vocals, bass, guitars, keyboards
Hans Magnus Ryan – vocals, guitars, keyboards
Kenneth Kapstad – drums


Gastmusiker:

Reine Fiske – acoustic guitar on 2 and 3, electric guitar on 3, 4 and 5 and mellotron on 5
Thomas Henriksen – keyboards on 3


Label: Stickman Records


Erscheinungsdatum: 2013


Stil: Psychedelic Rock, Alternative Rock, Jazz Rock


Trackliste:

1. Hell, Part 1-3 (9:47)
2. August (4:52)
3. Barleycorn (Let It Come / Let It Be) (7:18)
4. Ratcatcher (17:10)
5. The Afterglow (5:57)

Gesamtspieldauer: 45:06




„Still Life With Eggplant“ heißt das sechszehnte Studioalbum der norwegischen Rockband Motorpsycho, wenn ich die Kollaboration von Motorpsycho und Ståle Storløkken auf „The Death Defying Unicorn“ als fünfzehntes Album mit einrechne. „Still Life With Eggplant“ erschien am 12. April des Jahres 2013 auf den Plattenlabels Stickman Records und Rune Grammofon. Der Name des Albums ist identisch mit einem Bild des französischen Malers Henri Matisse, dessen Werk dem Fauvismus zugerechnet wird. Liest man nach, so erfährt man, dass die Wurzeln des Fauvismus im Impressionismus liegen, es jedoch Ziel der Künstler war, der Flüchtigkeit der impressionistischen Bilder entgegenzuarbeiten, um dem Werk mehr Dauer zu verleihen.

Nein, „flüchtig“ klingt „Still Life With Eggplant“ keineswegs. Das Album ist für Motorpsycho-Verhältnisse allerdings eine sehr kurze Veröffentlichung geworden. Lediglich eine Dreiviertelstunde Spieldauer mit insgesamt fünf Liedern gibt es auf dem Album zu hören. Diese 45 Minuten sind dafür umso intensiver mit Musik angefüllt, die eine Mischung aus Stoner Rock, Psychdelic Rock und Anleihen des Jazz Rock darstellt. „Still Life With Eggplant“ ist ganz sicher kein leicht zugängliches Album. Einiger Durchläufe der Platte bedarf es da durchaus, bevor sich diese Musik einem weiter und tiefer erschließt. Diese Mischung aus geradlinigem, hypnotisierendem Rock in Verbindung mit jeder Menge psychedelischen Ansätzen, das hat was. Dazu Rhythmen, die oftmals weit vom 4/4-Takt entfernt sind und den Füßen das Mitwippen unmöglich machen.

Höhepunkt der Scheibe ist der Titel „Ratcatcher“. Ein Lied, welches irgendwo zwischen den musikalischen Genres des Psychedelic Rock und des Jazz Rock kreist. Das Stück beginnt sphärisch und entrückt, diverse Töne scheinen von ganz weit weg sich den Weg zum Ohr zu bahnen. Die Struktur verfestigt sich, eine Gitarrenlinie bildet sich heraus, dann bricht das Lied nach über zwei Minuten los. Rock, zweistimmiger Gesang und eine Rhythmus-Fraktion, die von allen Zwängen losgelöst und entbunden scheint. Doch diese Phase des Liedes dauert keine weiteren zwei Minuten an. Was nun folgt ist ein fast siebeneinhalbminütiger Trip, in der sich die Gitarre mit eher sphärischen denn rockigen Tönen auslebt, Bass und Schlagzeug jedoch etwas völlig anderes im Sinn zu haben scheinen und die Nummer mit Rhythmen unterlegen, wie sie sich in Kombination zur Solo-Gitarre freier kaum anhören könnten. Diese Musik beamt einen in andere Sphären, ohne jegliche zusätzliche Hilfsmittel. Musik und Atmosphäre werden im weiteren Verlauf dichter, fordernder, intensiver, steigern sich immer weiter und weiter, um schließlich erneut in den kurzen und harten Rock-Teil zu münden. Anschließend wird die Musik erneut sphärischer, scheint auszuklingen, geht für die letzten dreieinhalb Minuten nochmals in einen völlig losgelösten und entspannten Abschnitt über, der an dieser Stelle allerdings etwas zu umfangreich geraten ist. Ein etwas zu langes Ausklingen. Trotzdem bleibt „Ratcatcher“ äußerst beeindruckend.

Auch die anderen Titel des Albums wissen zu überzeugen. Das rockige, dunkle, schwere und sich zunächst dahinschleppende „Hell“, welches sich nach kurzer Zeit zu einem Stück mit eingängigem Riff entwickelt. „August“ ist die sehr gelungene Cover-Version eines Arthur Lee beziehungsweise Love Klassikers aus dem Jahr 1969. Schneller und kompromissloser Rock mit psychedelischem Ansatz, eingängig und hart. Mit „Barleycorn (Let It Come / Let It Be)“ bekommen Hörerin und Hörer schließlich eine verdiente Pause serviert. Zeit zum Durchatmen. Akustische Gitarre, sanfter Gesang, Harmonie. Doch auch dieses Lied nimmt im Refrain Fahrt auf, um schließlich erneut in den sanften Strophenteil überzugehen, bis es eben wieder rockiger und fordernder klingt. Auch auf das Spiel mit „laut“ und „leise“ verstehen sich die Norweger bestens. Nur der Refrain klingt bei „Barleycorn“ ein wenig nach „Mitgröl-Stadion-Lied“. Völlig untypisch für Motorpsycho. Mit dem Titel „The Afterglow“ klingt „Still Life With Eggplant“ schließlich richtiggehend sanft, versöhnlich und gegen Ende des Stücks fast schon fröhlich aus.

Fazit: „Still Life With Eggplant“ ist ein Album von Motorpsycho, welches bei mir nicht sofort zündete und wirkte – nach mehrmaligem Hören dafür umso intensiver. „Still Life With Eggplant“ klingt sanft und hart, laut und leise, melodiös und verstörend und an fast jeder Stelle packend. In diese Musik kann man versinken und es lohnt sich. Und um meine Eingangssätze nochmals aufzugreifen. Der „Flüchtigkeit der Musik“ wurde hier definitiv Einhalt geboten. „Still Life With Eggplant“ wirkt auch länger. Zwölf Punkte.

Anspieltipps: Ratcatcher