Freitag, 30. August 2019

Hellsingland Underground – A Hundred Years Is Nothing




Hellsingland Underground – A Hundred Years Is Nothing


Besetzung:

Patrik Jansson – drums, percussion & backing vocals
Martin Karlsson – bass & backing vocals
Thomas Petterson – piano, mellotron, hammond, wurlitzer, rhodes & synthesizers
Jerry Ask – guitars & backing vocals
Peter Henriksson – acoustic, electric, baritone guitars & vocals
Charlie Granberg – lead and backing vocals, additional synthesizers, sound effects, whips & carrots


Label: Wild Kingdom Records / Sound Pollution


Erscheinungsjahr: 2019


Stil: Rock


Trackliste:

1. Carnival Beyond The Hills (5:03)
2. Strangelands (5:38)
3. Criminal Summer (4:28)
4. The Blessing & The Curse (4:41)
5. Rainbow‘s Gold (3:35)
6. Elephant (4:19)
7. A Hundred Years Is Nothing (4:05)
8. I Win, You Lose, I Guess (3:29)
9. Pig Farm (2:47)
10. From Here To The Grave (3:28)
11. Bloodlines (3:34)

Gesamtspieldauer: 47:03




Hellsingland Underground ist eine aus Schweden stammende Rockband, die im Jahr 2006 gegründet wurde. Seitdem hat die Band, deren Wurzeln im Blues, Folk und Rock liegen, vier Studioalben veröffentlicht. Am 30. August 2019 erscheint nun die fünfte Platte des Sextetts unter dem Titel „A Hundred Years Is Nothing”, angefüllt mit rockiger und musikalischer Vielfalt.

Die schwedischen Musiker sind sich auf ihrem neuesten Werk musikalisch treu geblieben. Auf „A Hundred Years Is Nothing” hört man eine rockig-bluesige Mischung, die im Falle des Titels „Pig Farm“ sogar mal das Genre des Country streichelt. Dies bleibt allerdings die Ausnahme, ansonsten bewegen sich Lieder des Albums eher in rockigeren Gefilden. Die Musik auf „A Hundred Years Is Nothing” klingt überwiegend frisch, optimistisch und nach Aufbruch. Keine Zeit zum Trübsal blasen, viele der Titel regen sehr viel eher zum Mitwippen an. Doch es gibt sie ebenfalls auf dem Album, die eher ruhigen, nachdenklichen Momente, sodass auch für atmosphärische Abwechslung gesorgt ist. Einige der Nummern gehen einem gleich beim ersten Mal des Hörens ins Ohr und verfügen über diesen speziellen Wiedererkennungsfaktor, der manche Lieder zu Freunden werden lässt.

Ein Höhepunkt des Albums ist gleich der Opener „Carnival Beyond The Hills“, mit dem Hellsingland Underground sofort ihre musikalische Vielfalt untermalen. Als weiteres Highlight ist das wunderschöne und zunächst sanfte „Criminal Summer“ zu nennen, ausgestattet mit einer Melodie zum Dahinschmelzen, welche eine überraschende Wendung für Hörerin und Hörer parat hält. Schließlich sei an dieser Stelle noch der Titel „From Here To The Grave“ erwähnt, der ganz im Gegensatz zu seinem Namen musikalisch eine eher fröhliche Atmosphäre verströmt – Melodiösität und Eingängigkeit erneut inbegriffen.

Fazit: Ein schönes und eingängiges Album ist Hellsingland Underground mit „A Hundred Years Is Nothing” gelungen. Das Genre Rock wird auf der Platte nicht neu erfunden, doch man wird bestens unterhalten und viele der Lieder setzen sich unmittelbar im Ohr fest. Moderner und abwechslungsreicher Rock, der zu allen Lebenslagen und Tageszeiten passt. Neun Punkte.

Anspieltipps: Criminal Summer, From Here To The Grave



Dienstag, 27. August 2019

Heather Nova – Pearl




Heather Nova – Pearl


Besetzung:

Heather Nova – vocals, acoustic guitar, melodica


Gastmusiker:

Vincent Lions – electric guitars
Midori Jaeger – cello and piano
Geoff Dugmore – drums and percussion
Youth – bass


Label: Saltwater


Erscheinungsjahr: 2019


Stil: Pop, Folk, Rock


Trackliste:

1. The Wounds We Bled (3:51)
2. All The Rivers (4:00)
3. Rewild Me (4:13)
4. Some Things Just Come Undone (3:38)
5. After All This Time (4:34)
6. Over The Fields (4:27)
7. Just Kids (4:39)
8. Don‘t Worry What The Experts Say (4:23)
9. See Yourself (5:18)
10. Vincent (4:56)
11. Your Words (3:43)

Gesamtspieldauer: 47:46



„Pearl“ nannte die ursprünglich aus Bermuda stammende Musikerin und Sängerin Heather Nova ihr zehntes Studioalbum. Das Album wurde am 28. Juni 2019 auf dem Plattenlabel Saltwater veröffentlicht. 25 Jahre nach der Veröffentlichung von „Oyster“ greift Heather Nova thematisch auch auf ihre musikalischen Anfangsjahre zurück. So stehen zum Beispiel die Lieder „Island“ auf „Oyster“ und „Over The Fields“ auf „Pearl“ im engen inhaltlichen Zusammenhang, da sie sich mit dem Missbrauch der Sängerin und ihrer Vergebung gegenüber dem Täter dreißig Jahre später befassen.

Musikalisch gesehen bleibt Heather Nova ihrem Stil treu. Sanfte poppige, folkige, häufig von der Akustik-Gitarre getragene Klänge, die nur selten mal in den Bereich des Rocks hineinreichen. Die Melodie steht bei Heather Nova immer im Vordergrund – neben ihrer sehr schönen, einnehmenden und wandlungsreichen Stimme. Die Lieder wirken weich und warm und man bekommt auf „Pearl“ einmal mehr unaufgeregte und sehr weibliche Titel geboten, die sanft das Ohr umschmeicheln und das Gefühl treffen.

Höhepunkt der Platte ist das Lied „Some Things Just Come Undone“. Instrumentiert mit akustischer Gitarre, Cello und dem intensiven und packenden Gesang der Heather Nova wird dieser Titel zu einem besonderen Lied, welches sich unverzüglich im Ohr festsetzt. Dabei rockt die Nummer sogar ein wenig mehr, als manch anderes Lied des Albums. Auch „See Yourself“ gehört mit zu den Highlights der Platte. Eine schöne Melodie und die sehnsüchtig klingende Stimme der Musikerin sind dieses Mal die Zutaten, die das Lied nachhallen und sich festsetzen lassen. Unter den restlichen Nummern findet sich überdies ebenfalls kein Ausfall, sodass sich „Pearl“ sehr entspannt und ohne Zuhilfenahme einer Fernbedienung genießen lässt.

Fazit: Nein, es gibt nichts Neues auf dem zehnten Album der Heather Nova zu entdecken. Man hört darauf jede Menge Musik, die nach Heather Nova klingt und genau dieselben Zutaten enthält, die schon ihre vorherigen Platten zu gelungenen Alben werden ließ, wenn man auf zumeist sanfte und weibliche Klänge steht. Ein Album, welches unterhält und ins Ohr geht. Zehn Punkte.

Anspieltipps: Some Things Just Come Undone, See Yourself



Samstag, 24. August 2019

Procol Harum – Exotic Birds And Fruit




Procol Harum – Exotic Birds And Fruit


Besetzung:

Gary Brooker – vocals, piano
Mick Grabham – guitar
BJ Cole – pedal steel guitar
Chris Copping – organ
Alan Cartwright – bass guitar
B. J. Wilson – drums


Label: Esoteric Recordings


Erscheinungsjahr: 1974


Stil: Symphonic Rock, Art Pop, Rock


Trackliste:

CD1:

1. Nothing But The Truth (3:13)
2. Beyond The Pale (3:06)
3. As Strong As Samson (5:08)
4. The Idol (6:40)
5. The Thin End Of The Wedge (3:43)
6. Monsieur R. Monde (3:43)
7. Fresh Fruit (3:05)
8. Butterfly Boys (4:25)
9. New Lamps For Old (4:14)

Bonus Tracks:

10. Drunk Again (4:31)
11. As Strong As Samson (Alternative Version) (5:21)


CD2:

1. Conquistador (BBC Radio One In Concert 1974) (6:32)
2. Whaling Stories (BBC Radio One In Concert 1974) (8:51)
3. Bringing Home The Bacon (BBC Radio One In Concert 1974) (4:28)
4. New Lamps For Old (BBC Radio One In Concert 1974) (4:43)
5. Beyond The Pale (BBC Radio One In Concert 1974) (3:22)
6. As Strong As Samson (BBC Radio In Concert 1974) (6:12)
7. Simple Sister (BBC Radio One In Concert 1974) (6:22)
8. The Idol (BBC Radio One In Concert 1974) (7:09)
9. Grand Hotel (BBC Radio One In Concert 1974) (7:05)
10. Butterfly Boys (BBC Radio One In Concert 1974) (5:09)
11. Nothing But The Truth (BBC Radio One In Concert 1974) (3:41)

CD3:

1. Conquistador (Live At Dallas Sound Studio) (5:08)
2. Bringing Home The Bacon (Live At Dallas Sound Studio) (4:25)
3. Long Gone Geek (Live At Dallas Sound Studio) (4:58)
4. Homburg (Live At Dallas Sound Studio) (4:26)
5. Cerdes (Outside The Gates Of) (Live At Dallas Sound Studio) (7:02)
6. Beyond The Pale (Live At Dallas Sound Studio) (3:34)
7. Power Failure (Live At Dallas Sound Studio) (5:31)
8. As Strong As Samson (Live At Dallas Sound Studio) (6:20)
9. The Idol (Live At Dallas Sound Studio) (5:13)
10. Butterfly Boys (Live At Dallas Sound Studio) (5:01)
11. Mabel (Live At Dallas Sound Studio) (2:28)
12. Nothing But The Truth (Live At Dallas Sound Studio) (3:24)
13. New Lamps For Old (Live At Dallas Sound Studio) (4:17)

Gesamtspieldauer: CD1 (47:12) und CD2 (1:03:40) und CD3 (1:01:54): 2:52:47



„Exotic Birds And Fruit“ heißt das siebte Studioalbum der britischen Band Procol Harum. Die Platte erschien ursprünglich im April 1974 auf dem Plattenlabel Chrysalis. Im Juni 2018 wurde das Album schließlich auf Esoteric Records wiederveröffentlicht, wobei das ursprüngliche Album gleich um zwei weitere CDs und damit um sehr viel Bonusmaterial erweitert wurde. Der Titel „Nothing But The Truth“ war vor der Veröffentlichung des eigentlichen Albums bereits als Single erschienen. Das Cover-Artwork für das Album stammt von Jakob Bogdani (1658 – 1724), einem ungarischen Künstler, dessen Gemälde häufig exotische Vögel und Früchte zieren.

„Exotic Birds And Fruit“ war musikalisch gesehen deutlich anders strukturiert und angelegt als noch die Vorgängerplatten. Laut Gary Brooker hatte die Band, nach den zwei stark vom Orchester dominierten Platten „In Concert With The Edmonton Symphony Orchestra“ und „Grand Hotel“ erst mal genug von dieser aufwendigen Instrumentierung und die Musiker erklärten „Exotic Birds And Fruit“ zu einer „Zurück zu den Wurzeln“-Angelegenheit. Somit ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Platte sehr unspektakulär wie ein Mainstream-Rock-Pop-Album klingt. Ganz sicher ist „Exotic Birds And Fruit“ dabei nicht das Album geworden, welches Procol Harum auf dem Höhepunkt ihres Schaffens zeigt. Die Platte beinhaltet wenige Höhepunkte, dazu einige, fast schon nichtssagende Titel und leider auch ein bis zwei Ausfälle.

So gar nicht überzeugen können die beiden Stücke „The Thin End Of The Wedge“ und das fast schon nervige „Fresh Fruit“. Richtig gelungen sind dagegen die beiden Nummern „As Strong As Samson“ und „The Idol“. Zwei wahrlich gelungene poppig-rockige Lieder, die eben nicht gleich nach dem Aushallen wieder vergessen sind, sondern deutlich länger nachhallen. Die restlichen fünf Titel des Originalalbums bewegen sich dagegen eher im Bereich von „ganz nett“ bis „nichtssagend“.

Die Wiederveröffentlichung im Juni 2018 hinterlässt leider einen sehr faden Beigeschmack. Natürlich wurden hier noch zwei CDs hinzugefügt und man kann sich damit fast drei Stunden lang mit Procol Harum Musik berieseln lassen. Und freilich ist solch ein Lied wie zum Beispiel „Conquistador“ ein klasse Titel, einer der Höhepunkte im Schaffen von Procol Harum. Doch all dieses zusätzliche Material hat wohl nur den Zweck, den Preis für das ursprüngliche Album in die Höhe zu treiben. Einen Mehrwert gibt es dadurch nämlich kaum bis gar nicht. Die Lieder von „Exotic Birds And Fruit“ stehen weder beim „BBC Radio One In Concert 1974“ (CD2) noch bei „Live At Dallas Sound Studio“ (CD3) im absoluten Fokus und alle Nummern werden fast 1:1 wie die Studioversionen wiedergegeben. Doch wie viele fast identische Wiederholungen von „Conquistador“ oder „As Strong As Samson“ muss man sich anhören, um festzustellen, dass es gute und überzeugende Stücke sind? In meinem Fall reicht eine Studio-Version oder auch mal eine abgewandelte Live-Ausführung – doch genau dies gibt es auf den Zusatz-Scheiben nicht zu hören. Beide zusätzlichen CDs sind angefüllt mit Wiederholungen. Schade.

Fazit: „Exotic Birds And Fruit“ ist ein Mainstream-Pop-Rock-Album von Procol Harum geworden, welches in dieser Veröffentlichung durch quasi aufgezwungenes Bonus-Material einen faden Beigeschmack hinterlässt, da man das Album inzwischen nur noch in dieser Ausführung erwerben kann. „Exotic Birds And Fruit“ ist ganz bestimmt kein Höhepunkt in der Diskographie der Band, eher Durchschnitt, besitzt trotzdem noch hörenswerte Titel, die aus dem Allerlei des Mittelmaßes herausragen. Mainstream bleibt das Ganze jedoch leider immer. Acht Punkte.

Anspieltipps: As Strong As Samson, The Idol



Mittwoch, 21. August 2019

Novalis – Flossenengel




Novalis – Flossenengel


Besetzung:

Lutz Rahn – Tasteninstrumente
Heino Schünzel – Bass und Gesang
Fred Mühlböck – Gitarren und Gesang
Detlef Job – Gitarren und Gesang
Hartwig Biereichel – Schlagzeug und Perkussion


Label: Vertigo


Erscheinungsjahr: 1979


Stil: Progressive Rock


Trackliste:

1. Atlanto (4:40)
2. Im Brunnen der Erde (4:27)
3. Brennende Freiheit (2:19)
4. Im Netz (8:10)
5. Flossenengel (3:28)
6. Walzer für einen verlorenen Traum (3:28)
7. Sklavenzoo (5:05)
8. Alle wollen leben (5:07)
9. Rückkehr (6:32)
10. Ob Tier, ob Mensch, ob Baum (1:50)

Gesamtspieldauer: 45:11




Auf dem sechsten Studioalbum der Hamburger Band Novalis mit dem Titel „Flossenengel“ wird die Geschichte des Wals „Atlanto“ erzählt, der zunächst gefangen wird, im Zoo landet und dort quasi ausgestellt von allen Menschen betrachtet werden kann. Doch die Geschichte nimmt eine positive Wendung, denn seine Fänger, die inzwischen von Gewissensbissen geplagt sind, entlassen das Tier schließlich wieder ins Meer. „Flossenengel“ erschien im Jahr 1979 ursprünglich auf dem Plattenlabel Brain, wurde unter anderem auf Vertigo Records wiederveröffentlicht.

Die Musik auf „Flossenengel“ klingt noch sehr überzeugend nach spannendem Progressive Rock, abwechslungs- und ideenreich. Keine Selbstverständlichkeit mehr zur damaligen Zeit, als die ehemaligen Heroen des Progressive Rocks stark die Richtung hin zum einfachen Pop eingeschlagen hatten. So weit, so gut. Trotzdem fällt einem das Hören von „Flossenengel“ nicht leicht – auch falls man hier seine Lieblingsmusikrichtung hört. Das liegt zum Teil am sehr theatralischen Gesang des Fred Mühlböck und noch viel mehr an den heute fast schon peinlich klingenden Textzeilen. Sehr viel Pathos wurde auf „Flossenengel“ in den Inhalt der Lieder gesteckt und textlich sowie gesanglich umgesetzt. Was musikalisch noch sehr überzeugend klingt, lässt einen etwas überrascht bis frustriert zurück, wenn man sich auch auf die Texte und den Gesang konzentriert.

Absoluter Höhepunkt der Platte ist gleichzeitig das längste Lied auf „Flossenengel“, die Nummer „Im Netz“. Das Stück stellt eine sehr abwechslungsreiche Reise durch verschiedene Melodien dar, die aneinandergereiht ein sehr überzeugendes Gesamtwerk ergeben. Dazu gesellt sich noch der Umstand, dass auf den über acht Minuten Spieldauer des Liedes kaum gesungen wird. Es ist die Musik, die hier im Fokus steht und bestens überzeugt. Auch viele der restlichen Stücke haben musikalisch durchaus ihren Reiz und unterhalten diesbezüglich gut. „Atlanto“ und „Walzer für einen verlorenen Traum“ sind zudem reine Instrumentalnummern, die von den vermittelten Atmosphären leben.

Fazit: Wäre „Flossenengel“ ein reines Instrumentalalbum, würde es noch überzeugender klingen. Wäre das Album in einer unverständlichen Sprache eingespielt worden, so bliebe immer noch der manchmal etwas überzogene, theatralische Gesang. Dieser nimmt im Zusammenspiel mit den ausformulierten Sätzen etwas vom Reiz dieses Albums. Musikalisch gesehen ist die Scheibe ein Höhepunkt des Progressive Rock im Jahr 1979. In seiner Gesamtheit betrachtet allerdings nur noch ein gutes Album. Zehn Punkte.

Anspieltipps: Im Netz



Sonntag, 18. August 2019

Hüma Utku – Gnosis




Hüma Utku – Gnosis



„Gnosis“ ist wahrlich eine Erkenntnis. Und zwar die, dass sich Musik im Kopf abspielt. Das, was man auf dieser Platte der türkischen Wahlberlinerin Hüma Utku hören kann, rast durch die Ohrmuschel entlang der Windungen und Verzweigungen durchs ganze Gehirn und erfüllt einen komplett. Utku startet hier einen Frontalangriff auf den primären Cortex und eröffnet mit ihren phänomenalen Schallwellen einen wahren Klangkosmos.

„Gnosis“ ist in einer Vinylauflage von gerade mal 300 Exemplaren bei Karlrecords erschienen, dazu gibt es den Download über bandcamp, einem Musikportal, auf dem ich mich schon oft genug verloren habe. Hier findet man unglaublich viel, gute und neue Musik. Die CD ist einfach „out“. Vinyl klingt besser, ist was für Sammler, dazu die kostengünstigeren Download Möglichkeiten.

Hüma Utku verbindet Istanbul und Berlin, zwei Weltstädte mit ihren reichen Kulturen, die die Musikerin offensichtlich geprägt haben. Ihr Sound umfasst Ambient, Industrial, Drone, das alles verpackt in einem elektronischen Mantel voller Tiefe und Düsternis. Titel wie „All the universe conspires“ und „A gift from the dark ages“ drücken genau das aus, was man hier hören, erfühlen, erfahren kann. „Ich sehe mich als Istanbulerin, aber Berlin ist mein Zuhause“, erzählte sie der taz in einem Interview. Utku lebt seit nunmehr sieben Jahren in der deutschen Hauptstadt, in der viele türkische Kulturschaffende eine neue oder eine vorübergehende Wahlheimat gefunden haben. Hüma Utku spielt bewusst mit dem musikalischen Grenzüberschreiten und Grenzverschieben. Ihre Musik ist eine Herausforderung, der man sich stellen muss. Zeit, Ruhe und der Wille, ihren Klangvorgaben zu folgen. Dann erlebt man Musik in ganz neuen Tönen. „Gnosis“ ist ein fantastisches Album, ein „Highlight“ dieses Jahres.



Freitag, 16. August 2019

Kula Shaker – Strangefolk




Kula Shaker – Strangefolk


Besetzung:

Alonza Bevan – bass, vocals, acoustic guitar
Paul Winter Hart – drums
Crispian Mills – lead vocals, guitar, harmonica
Harry Broadbent – piano, hammond organ, vocals


Gastmusiker:

Ben Castle – sax (“Song Of Love / Narayana”)
Nichol Thompson – trombone (“Song Of Love / Narayana”)
Dominic Glover – trumpet (“Song Of Love / Narayana”)
Anthony Bevan – violins (“Shadowlands”)
Bethany Porter – cello (“Persephone”)
Kate Robey – cello (“Persephone”)
Emma Hooper – viola (“Persephone”)
Johnny Kalsi – dhol drum (“Song Of Love / Narayana”)
Indira Dasi, Gwyn, Larli, Geary, Lalit, Krishna, Sudevi & Kishori, Dodge, Shep, Harry and Fleas – backing vocals


Label: Strange F.O.L.K.


Erscheinungsjahr: 2007


Stil: Alternative Rock


Trackliste:

1. Out On The Highway (3:53)
2. Second Sight (3:44)
3. Die For Love (3:26)
4. Great Dictator (Of The Free World) (3:14)
5. Strangefolk (1:27)
6. Song Of Love / Narayana (5:31)
7. Shadowlands (4:10)
8. Fool That I Am (3:55)
9. Hurricane Season (6:03)
10. Ol’ Jack Tar (3:37)
11. 6ft Down Blues (3:55)
12. Dr. Kitt (4:38)

Bonus Track:

13. Persephone (4:40)

Gesamtspieldauer: 52:19




„Strangefolk“ heißt das dritte Studioalbum der englischen Band Kula Shaker und gleichzeitig das erste Album nach der Auflösung im Jahr 1999. „Strangefolk“ erschien am 27. Juni 2007 auf dem Plattenlabel von Kula Shaker, welches sie nach dem Albumnamen selbst mit „Strange F.O.L.K.“ betitelten. Besonders gut gerieten die Kritiken zum Album auf den einschlägigen Kanälen oder in den entsprechenden Musikzeitschriften nicht. Kula Shaker waren mit „Strangefolk“ auch in eher unspektakulären Gefilden des Alternative Rock angekommen.

Dabei ist „Strangefolk“ keineswegs ein schlechtes Album geworden. Man hört darauf zwar keinen außergewöhnlichen Alternative Rock oder gar Psychedelic Rock mehr, doch immerhin Musik, die ins Ohr geht und bestens unterhält. Der indische Einfluss in der Musik der Briten ist stark zurückgefahren worden, die Musik von Kula Shaker klingt „normaler“, alltäglicher und auch ein wenig massentauglicher. Die Lieder bewegen sich größtenteils im Mid-Tempo, beinhalten allerdings auch Ausflüge in härtere und sanftere Bereiche des Rocks. Viele der Lieder erschließen sich einem gleich beim ersten Mal des Hörens – richtige Ausfälle gibt es auf der Platte ebenfalls nicht zu beklagen, sodass Freundinnen und Freunde des Alternative Rocks beim Hören von „Strangefolk“ sicherlich auf ihre Kosten kommen werden.

Besonders gelungen klingt das mitreißende „Hurricane Season“. Ein Lied voller Melodiösität, welches sich langsam in seiner Intensität steigert, wieder etwas ruhiger zu werden scheint, um sich schließlich doch wieder zu steigern. Ein stetiges Hin und Her an Tempo und Atmosphäre beinhaltet dieses Lied, versehen mit einem tollen Groove. „Dr. Kitt“ beginnt dagegen wie eine kleine Kammer-Nummer mit Harfen- und Flötenklängen. Die gängigeren Rock-Instrumente setzen ein und ergänzen sich mit der ursprünglichen Instrumentierung. Auch dieses Mal ist es wieder die Melodie, in die sich einzutauchen lohnt und die einen packt. Schließlich sei an dieser Stelle auch noch das letzte Lied des Albums erwähnt, was eigentlich lediglich eine Zugabe, einen Bonus Track darstellt. Doch „Persephone“ geht schnell ins Ohr, lebt ebenfalls von seiner Instrumentierung, bei der zwei Celli im Mittelpunkt stehen. Sanft und eingängig rundet dieses Lied das Album sehr schön ab.

Fazit: Sicherlich ist „Strangefolk“ nicht das spannendste oder innovativste Album der englischen Band Kula Shaker geworden. Doch genauso sicherlich ist diese Scheibe wahrlich keine schlechte Platte geworden. Auf „Strangefolk“ hört man Alternative Rock, der ins Ohr geht und unterhält. Weniger spektakulär vielleicht als die anderen Kula Shaker Platten, weniger indische Einflüsse in der Musik sind hier zu hören, weniger Experimente flossen allgemein in diese Platte mit ein. Nichtsdestotrotz ist „Strangefolk“ sehr hörenswert. Zehn Punkte.

Anspieltipps: Hurricane Season, Dr. Kitt, Persephone



Mittwoch, 14. August 2019

Novalis – Vielleicht Bist Du Ein Clown?




Novalis – Vielleicht Bist Du Ein Clown?


Besetzung:

Detlef Job – Elektrische und akustische Gitarren, Slide-Gitarre, Gesang
Fred Mühlböck – Gesang, elektrische Gitarre, 12-saitige Gitarre und akustische Gitarre, Querflöte
Lutz Rahn – Hammond h-100, akustischer und elektrischer Flügel, Stringensemble, Mellotron, PPG Synthesizer, D6 Clavinet
Hartwig Biereichel – Schlagzeug, Pauken und Perkussion
Heino Schünzel – Bass, Gesang


Label: Vertigo


Erscheinungsjahr: 1978


Stil: Progressive Rock


Trackliste:

1. Der Geigenspieler (8:17)
2. Zingaresca (5:15)
3. Manchmal fällt der Regen eben lang (3:53)
4. Vielleicht bin ich ein Clown? (6:26)
5. City Nord (6:11)
6. Die Welt wird alt und wieder jung (4:37)

Gesamtspieldauer: 34:42




Ihr fünftes Studioalbum versah die Hamburger Band Novalis mit dem etwas ungewöhnlichen Titel „Vielleicht Bist Du Ein Clown?“. Dieses erschien im Jahr 1978 ursprünglich auf dem Plattenlabel Brain, um später auf diversen anderen Labeln wiederveröffentlicht zu werden. Die Mitglieder von Novalis waren dieselben wie schon auf den letzten beiden Veröffentlichungen. Die Band hatte sich dementsprechend gefunden.

Mit „Brandung“ war die Ära der Konzeptalben für Novalis abgeschlossen. Die Plattenfirma verlangte nach Musik, die auch im Radio gespielt werden konnte. Man sollte kompakter und geradliniger klingen. Noch eine Änderung gab es auf „Vielleicht Bist Du Ein Clown?“. Dieses Mal wurde kein Text mehr des frühromantischen Dichters Friedrich Freiherr von Hardenberg alias Novalis vertont, auf dem neuen Album war es die musikalische Umsetzung des Gedichts „Die Welt wird alt und wieder jung“ von Friedrich Schiller, die es auf das Album schaffte. Die Musik hat sich, trotz der zumindest kleinen Abkehr vom komplizierteren Liedaufbau, dagegen nicht großartig verändert. Musik mit wunderschönen Melodien, die sich schnell festsetzen. Die Lieder waren dabei zwar etwas kompakter geworden, doch immer noch gibt es Instrumentalnummern sowie Lieder mit Texten – und genau diese Texte wirken auch auf „Vielleicht Bist Du Ein Clown?“ für die heutige Zeit an der einen oder anderen Stelle etwas überholt.

Gar nicht „überholt“ klingt dagegen die Musik selbst. Diese ist eingängig, geht ins Ohr und dabei jederzeit abwechslungsreich und spannend gestaltet. Nichts ist ohne Weiteres vorhersehbar, nichts wirkt langweilig, keiner Nummer fehlt es an der gewissen Spannung. Auch die Atmosphären von sanft bis rockig werden bedient, sodass eine „Vielleicht Bist Du Ein Clown?“ eine schöne musikalische Reise darstellt, die lohnt angetreten zu werden. Absoluter Höhepunkt ist das „Quasi“-Titellied „Vielleicht bin ich ein Clown?“. Diese Nummer ist eher ein frischer Rock-Titel denn ein progressives Rock Lied. Macht nichts, denn gute Musik bleibt es. Novalis waren zu der Zeit auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und so stellt diese Platte eine kleine Mischung aus eher „typischen“ Novalis-Nummern und dem etwas massentauglicheren Rock-Bereich dar. Weiterer Höhepunkt ist das sanfte und bereits erwähnte „Die Welt wird alt und wieder jung“. In diesem Lied klingen Novalis nochmals wie in den Jahren zuvor und zeigt die Abwechslung auf der Platte. Auch hier sehr gelungen.

Fazit: Eine schöne und überzeugende Scheibe ist „Vielleicht Bist Du Ein Clown?“ geworden. Diese enthält Musik, die noch an die frühere Zeit der Band erinnert und beinhaltet ebenso bereits Stücke, die eher radiotauglich klingen. Progressive Rock mit geradlinigen Rock-Einschüben gibt es auf dem Album zu hören. Die Mischung passt, klingt und macht Spaß. Für Novalis-Fans sicherlich ein Höhepunkt. Zwölf Punkte.

Anspieltipps: Vielleicht bin ich ein Clown?, Die Welt wird alt und wieder jung



Samstag, 10. August 2019

Fabian Römer – L_benslauf




Fabian Römer – L_benslauf


Besetzung:

Fabian Römer – Gesang
Beatgees – alle Instrumente


Gastmusiker:

Henrik Boehl – Gitarren & Bass, Klavier, Harmonium
Miki – Streicher
Vivology Gospel Choir – Chöre
Till Schneider – Bläser
Elif & Mia Aergerter – Background Vocals
Teddy Crockett – Gitarren & Bass
Lary – Frauenstimme
Ivan Georgiev – alle Instrumente bei „32. Dezember“, Gitarren
Chima Onyele – Telefonstimme
Valentione Romanski – Background Vocals


Label: Jive Records Germany


Erscheinungsjahr: 2019


Stil: HipHop, Pop


Trackliste:

1. Münztelefon (I/III) (1:04)
2. L_benslauf (4:33)
3. Anders schön (3:48)
4. Infinity Pool (3:35)
5. Sie redet im Schlaf (3:05)
6. Bernsteinzimmer (3:16)
7. Schlüssel (II/III) (0:52)
8. 32. Dezember (2:42)
9. Keine Antwort (3:22)
10. Nie wieder / Für immer (2:27)
11. Was du nicht sagst (3:30)
12. Mit dir langweilen (2:17)
13. Mr. Wilson (2:37)
14. Realität (III/III) (1:01)
15. Bevor ich dich kannte (3:40)

Gesamtspieldauer: 41:55



Fabian Römer ist ein aus Braunschweig stammender HipHopper, der noch bis ins Jahr 2015 unter dem Namenskürzel F.R. aktiv und bekannt war. Am. 9. August erschien sein viertes Album mit dem Titel „L_benslauf“ auf dem Plattenlabel Jive Records Germany. Auf „L_benslauf“ hört man HipHop mit einer ordentlichen Portion Pop, radiotauglich, dabei niemals banal oder langweilig klingend.

Fabian Römer fühlt sich auf „L_benslauf“ in den musikalischen Genres des HipHop und des Pop bestens Zuhause – zumindest glaubt man dies auf dem Album genau so herauszuhören. Man taucht beim Hören ein in intelligente und anspruchsvolle Raps neben schönen poppigen Melodien, die schnell ins Ohr gehen und bereits beim ersten Mal des Hörens hängenbleiben. Die Stimmung des Albums ist eher melancholisch gehalten statt überschwänglich freudig – ohne dabei in Tristesse zu versinken. Die Liedtexte handeln von ihm und seinen bisherigen Erfahrungen, wie der Titel der Platte bereits ein wenig zum Ausdruck bringt. Die entsprechenden Inhalte gehen dabei mal eher in die Tiefe, ein anderes Mal zaubern sie der Hörerin beziehungsweise dem Hörer ein Lächeln ins Gesicht. Niemals klingt dies belanglos oder uninspiriert, sehr viel eher spannend und jederzeit wert genauer hinzuhören.

Selbst jemanden wie mir, der im HipHop nicht ganz so Zuhause ist, gehen viele der Titel ins Ohr. Gerade Mitte bis Ende des Albums kumulieren sich die Highlights auf „L_benslauf“. Höhepunkte sind für mich dabei die Nummern „Was du nicht sagst“ und das sanfte und wunderschön eingängige „Mr. Wilson“. Lieder, die einen länger begleiten und die man immer wieder gern hört.

Fazit: Die Mischung macht es auf „L_benslauf“. HipHop und Pop in einer schönen und gelungenen Mischung gibt es auf dem Album zu hören. Intelligente Texte und Melodien, die ins Ohr gehen lassen „L_benslauf“ zu einem sehr hörenswerten Album werden. „L_benslauf“ ist eine Platte geworden, die Rap- und Freunde des Pop überzeugt. Acht Punkte.

Anspieltipps: Was du nicht sagst, Mr. Wilson



Donnerstag, 8. August 2019

Procol Harum Novum




Procol Harum – Novum


Besetzung:

Gary Brooker – piano, accordion, vocals
Josh Phillips – organ, vocals
Geoff Whitehorn – guitar
Matt Pegg – bass guitar
Geoff Dunn – drums


Label: Eagle Records


Erscheinungsjahr: 2017


Stil: Rock


Trackliste:

1. I Told On You (5:33)
2. Last Chance Motel (4:48)
3. Image Of The Beast (4:56)
4. Soldier (5:28)
5. Don’t Get Caught (5:12)
6. Neighbour (2:46)
7. Sunday Morning (5:28)
8. Businessman (4:45)
9. Can’t Say That (7:13)
10.The Only One (6:10)
11. Somewhen (3:47)

Gesamtspieldauer: 50:38




„Novum“ heißt das zwölfte Studioalbum von Procol Harum, es wurde am 21. April 2017 veröffentlicht. Es ist das erste Album von Procol Harum seit 14 Jahren und ebenso die erste Platte, die keine Texte von Keith Reid enthält. Die Musik stammt größtenteils aus der kompositorischen Zusammenarbeit von Gary Brooker und Organist Josh Phillips. Beim Titel „Image Of The Beast“ ist neben Gary Brooker und Josh Phillips noch Gitarrist Geoff Whitehorn beteiligt. Die Texte stammen von Peter Ronald Brown, der durch seine Zusammenarbeit mit Cream und Jack Bruce Bekanntheit erlangte. Die Lyrics zu den Liedern „Soldier“ und „Somewhen“ schrieb Gary Brooker, das einzige verbliebene Bandmitglied aus den ersten Tagen von Procol Harum, in Eigenregie.

Vierzehn Jahre nach der letzten Scheibe nochmals ein Album zu veröffentlichen ist bestimmt mutig, denn es birgt die Gefahr in sich, viele Fans der ersten Alben zu enttäuschen, wenn die Musik dann doch anders als gewohnt klingt. Doch Musik entwickelt sich weiter und was damals funktionierte, muss heute nicht mehr passen. Procol Harum haben auf „Novum“ ihre Musik an die heutige Zeit angepasst. An die ersten Alben der Band erinnert lediglich noch der Gesang des Gary Brooker, der beim Erscheinen der Scheibe immerhin bereits 72 Jahre alt war und seine Sache bezüglich des Gesangs wirklich überzeugend macht. Das ist es allerdings schon, was an Sentimentalität aufploppt, wenn man „Novum“ hört. Die Musik von Procol Harum wurde in die heutige Zeit transferiert und somit hört man auf dem Album eine Mischung aus Rock, Pop und Blues, die ohne die Überschrift „Procol Harum“ und der doch vorhandenen Sentimentalität der alten Fans wohl kaum mehr Konsumenten gefunden hätte. Das klingt alles ganz nett auf „Novum“, aber im Grunde genommen auch langweilig und zudem leider häufig belanglos.

Die einmal eingeschlagene Richtung der musikalischen Ausrichtung wird auf „Novum“ vom ersten bis zum letzten Takt konsequent durchgezogen. Unaufgeregter Rock, der dafür allerdings in allen elf Titeln wirkt. Schlecht klingt das nie, nur unglücklicherweise auch nicht mehr spannend. Mein Höhepunkt auf „Novum“ ist das Lied „Businessman“. Zwar ragt diese Nummer musikalisch auch nicht sehr weit aus den übrigen Titeln heraus, klingt durch seine unterschiedlichen Passagen allerdings zumindest abwechslungsreicher, spannender und geht mir auch besser ins Ohr. Großartige Unterschied zu den anderen Liedern des Albums gibt es allerdings trotzdem nicht.

Fazit: Gary Brooker wollte es nochmal mit seiner Band Procol Harum wissen. Vierzehn Jahre nach dem elften Studioalbum erschien schließlich „Novum“, die zwölfte Studio-Platte. Man hört darauf bluesig angehauchten Rock, der zumeist an einem vorbeiläuft, ohne großartige Spuren zu hinterlassen. Nicht schlecht, irgendwie „ganz nett“ aber mehr ist auf „Novum“ leider nicht zu hören. Sieben Punkte.

Anspieltipps: Businessman



Dienstag, 6. August 2019

Novalis – Brandung




Novalis – Brandung


Besetzung:

Detlef Job – Gitarren, Gesang
Heino Schünzel – Bass, Gesang
Lutz Rahn – Hammond Orgel, PPG Synthesizer, Clavinet, Mellotron, Flügel, Fender Piano, Stringensemble
Fred Mühlböck – Gesang, akustische Gitarren, Querflöte
Hartwig Biereichel – Schlagzeug, Perkussion


Label: Vertigo


Erscheinungsjahr: 1977


Stil: Progressive Rock


Trackliste:

1. Irgendwo, Irgendwann (4:42)
2. Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (3:09)
3. Astralis (8:57)
4. Sonnenwende
a. Brandung (3:43)
b. Feuer bricht in die Zeit (3:46)
c. Sonnenfinsternis (3:01)
d. Dämmerung (5:41)

Gesamtspieldauer: 33:02



„Brandung“ heißt das insgesamt fünfte Album der Hamburger Band Novalis. Zählt man nur die Studioalben, dann steht Brandung an vierter Stelle in der Band-Diskographie. Nachdem der Österreicher Fred Mühlböck den Gesangspart übernommen hatte, war er bereits auf dem im selben Jahr erschienenen Live-Album „Konzerte“ zu hören. „Brandung“ stellt damit also sein Studioalbum Debut dar. Dieses erschien Ende 1977 zunächst auf dem Plattenlabel Brain und wurde inzwischen mehrmals bei weiteren Plattenfirmen wiederveröffentlicht.

Die Musik auf „Brandung“ ist noch ganz im Progressive Rock verwurzelt, wenn auch das erste Lied der Scheibe, die Nummer „Irgendwo, Irgendwann“ irgendwie unspektakulär rockig klingt und gleichzeitig den schlechtesten Eindruck aller Titel des Albums hinterlässt. Das Lied ist auf seine Weise einfach belanglos. Musikalisch gesehen sind die folgenden Nummern deutlich interessanter, klingen abwechslungsreicher und sind dabei auch eingängiger. Deutlich schwieriger stellt sich auch bei diesen Titeln allerdings der Gesang dar, der an vielen Stellen zu gekünstelt wirkt. In manchen Passagen klingt das heutzutage, also über vierzig Jahre nach dem Entstehen, einfach seltsam, zum Teil auch überholt. Dies gilt ausdrücklich nicht für die Musik ab dem zweiten Titel auf „Brandung“. Wenn man auf Progressive Rock steht und auch der deutschen Variante dieses musikalischen Genres etwas abzugewinnen weiß, kann man perfekt in diese Musik eintauchen und diese genießen.

Die drei letzten Nummern überzeugen allesamt – musikalisch. Vor allen Dingen das Lied „Sonnenwende“ in den Teilen „Brandung“, „Sonnenfinsternis“ und „Dämmerung“ ist hier besonders hervorzuheben. Abwechslungsreichen und melodiösen Progressive Rock kann man hier hören. Der erste Teil des Liedes ist rein instrumental gehalten, die Abschnitte zwei bis vier wurden dann mit Text versehen, der ein Weltuntergangsszenario mit anschließender Rettung einiger weniger Menschen beschreibt. Dramatisch ganz sicher, die Musik setzt auch die Worte gekonnt musikalisch um, nur hätte man sich diese Worte selbst besser nicht gesungen, sondern im Cover erzählt gewünscht.

Fazit: „Brandung“ ist ein schönes Progressive Rock Album aus Deutschland geworden. Novalis sind hier auf der Höhe ihrer Schaffensperiode und somit stellt dieses Album eine sehr hörenswerte Platte dar, die auch heute noch wirkt. Dies gilt weniger für den Text, der mitunter antiquiert klingt. Doch sei es drum, „Brandung“ lohnt musikalisch und stellt einen weiteren Höhepunkt im Schaffen von Novalis dar. Elf Punkte.

Anspieltipps: Astralis, Sonnenwende



Sonntag, 4. August 2019

Danielle De Picciotto – Deliverance




Danielle De Picciotto – Deliverance




„Deliverance” heißt die neue Platte von Danielle de Picciotto, veröffentlicht wurde sie schon vor einigen Wochen. Immer mal wieder hörte ich rein, wollte dazu was schreiben, fing mehrmals an, doch immer wieder schmiss ich das, was ich da hintippte, in die virtuelle Tonne. „Deliverance” ist kein einfaches Album. Und doch, es wächst jedesmal weiter beim Zuhören. Hier liegt die LP, ein wahres Kunstwerk in Buchform, angereichert mit etlichen Drucken. Danielle de Picciotto ist nicht nur Musikerin, sie ist Malerin, Filmemacherin, Autorin. Und all das kommt hier auf diesem Album und in der Präsentation dieser Platte zusammen.

Ihre Texte, ihre Bilder, ihre musikalischen Ideen lassen eine unglaubliche Weite entstehen, der man sich öffnen muss. „Deliverance” ist kein Album für zwischendurch, für nebenbei. Genau das fehlte mir in den vergangenen Wochen. Die Ruhe zum Verweilen, zum Hören, zum Verstehen dieses Klangschatzes. Diese Platte beschreibt Danielle de Picciotto bestens. Eine Künstlerin, die hinschaut, das verarbeitet, was sie erlebt, was sie sieht, was sie hört und liest. Und das nicht auf eine radikale, „in your face” Weise. Ganz im Gegenteil, Danielle liebt die zarten Töne, ja, auch die Zwischentöne, die behutsamen Blicke, das Andeuten ihrer eigenen Emotionen.

Es scheint, Danielle de Picciotto befreit sich mit diesem Album von einer schweren Last, sie lässt das raus, was um sie herum passiert, was sie in der jüngsten Zeit getroffen hat. Auf „Deliverance” präsentiert die in Berlin lebende Amerikanerin elektronische Klanglandschaften, in denen immer wieder ihre Geige aus dieser Tiefe auftaucht. Und dazu „Field Recordings”, Rhythmen, Soundideen. Nichts ist vorhersehbar auf diesem außergewöhnlichen Album, das zu einer inneren Expedition wird, wenn man sich darauf einlassen kann und will. Danielle de Picciottos „Deliverance” ist ein wunderbares Hörerlebnis mit Tiefgang.



Samstag, 3. August 2019

Heather Nova – Oyster




Heather Nova – Oyster


Besetzung:

Heather Nova – acoustic guitar, vocals


Gastmusiker:

David Ayers – bass, electric guitar, 12 string guitar
Nadia Lanman – cello
Dean McCormick – percussion, drums
Hossam Ramzy – percussion
Bob Thompson – drums
Youth – bass


Label: V2 Music


Erscheinungsjahr: 1994


Stil: Alternative Rock


Trackliste:

1. Walk This World (3:49)
2. Heal (3:56)
3. Island (6:21)
4. Throwing Fire At The Sun (5:54)
5. Maybe An Angel (5:09)
6. Sugar (5:34)
7. Truth And Bone (4:54)
8. Blue Black (4:36)
9. Walking Higher (4:11)
10. Light Years(4:49)
11. Verona (4:05)
12. Doubled Up (3:41)

Gesamtspieldauer: 57:02




Nachdem Heather Nova mit ihrem ersten Studioalbum „Glow Stars“, welches 1993 erschienen war, bereits einen ersten Achtungserfolg landen konnte, bedeutete die Veröffentlichung von „Oyster“ im Jahr darauf ihren endgültigen Durchbruch. Die Platte kletterte immerhin bis auf Platz 72 der britischen Charts und konnte sich auch in den Billboard 200 auf Platz 179 platzieren. Nicht zuletzt liegt dies sicherlich an der Singleauskopplung des ersten Titels auf dem Album, dem Lied „Walk This World“. Eine rockige Nummer, die einen gewissen Ohrwurmcharakter aufweist und bis heute zu den bekanntesten Stücken der Heather Nova gehört.

Auf „Oyster“ hört man Alternative Rock, der nicht immer rockig klingt, bei dem auch den sanfteren Liedern ein großer Spielraum eingeräumt wird. Im Zentrum der Musik steht dabei jederzeit die schöne und facettenreiche Stimme der Heather Nova, die in den eher tiefen wie auch in den sehr hohen Lagen wunderschön klingt und überzeugt. Dadurch wirkt die Musik der Heather Nova auch sehr weiblich und an manchen Stellen fast schon ein wenig zerbrechlich. Die Lieder gehen auf „Oyster“ allesamt ins Ohr, man hört von Titel ein bis zwölf melodiösen Rock, der eingängig klingt und bestens unterhält. Die neueren Ausgaben enthalten inzwischen auch das Lied „Sugar“, welches auf der ersten europäischen Veröffentlichung noch nicht mit enthalten war.

Viele der Höhepunkte des Albums befinden sich gleich zu Beginn der Platte. Das bereits erwähnte „Walk This World“ ist da zu nennen. Die beiden folgenden und sanfteren Titel „Heal” sowie „Island”, bei denen Heather Nova ihre ganze Stimmvielfalt ausspielt, können ebenso begeistern. Dazu die Nummer „Sugar“, die in der Live-Version immer einen Höhepunkt eines jeden Heather Nova Konzerts darstellt. Auch „Walking Higher” ist eine wunderschöne Nummer, die sofort ins Ohr geht. Auf „Oyster“ hat sich zudem kein „Füllmaterial“ eingeschlichen, sodass man die Scheibe vom ersten bis zum letzten, aushallenden Akkord genießen kann.

Fazit: Zumeist sanften und an jeder Stelle eingängigen und melodiösen Alternative Rock bekommt man mit dem zweiten Album der auf den Bermudas geborenen Musikerin Heather Nova geboten. Musik, die ins Ohr geht, an vielen Stellen auch sanft klingt und unterhält. Nichts Kompliziertes oder Vertracktes, einfach Musik, die wirkt und zu jeder Stimmung und in jeder Situation passt. Zehn Punkte.

Anspieltipps: Walk This World, Heal, Sugar



Freitag, 2. August 2019

Novalis – Konzerte




Novalis – Konzerte


Besetzung:

Heino Schünzel – Fender Bass, Gesang
Detlef Job – Bibson Les Paul, Gesang
Lutz Rahn – Hammond H100, Mellotron M 400, PPG Synthesizer, Fender Piano, Clavinet, Solina Strings
Fred Mühlböck – Gesang, elektrische und akustische Gitarren, Querflöte
Hartwig Biereichel – Ludwig Drums, Paiste Cymbals und Gongs


Label: Vertigo


Erscheinungsjahr: 1977


Stil: Progressive Rock


Trackliste:

1. Bolero (0:51)
2. Dronsz (1:52)
3. Es färbte sich die Wiese grün (8:51)
4. Impressionen (9:45)
5. Wer Schmetterlinge lachen hört (9:12)
6. Wunderschätze (11:24)
7. Sommerabend (18:57)
8. Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (3:30)
9. Astralis (10:11)
10. Irgendwo, irgendwann (4:30)

Gesamtspieldauer: 1:19:08



„Konzerte“ nannte die Hamburger Band Novalis ihr viertes Album, welches, wie der Plattentitel bereits vorwegnimmt, ein Live-Album darstellt. Darauf zu hören sind Lieder des zweiten und dritten Albums. Mit der CD-Wiederveröffentlichung des Albums wurden am Ende noch drei Stücke („Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren“, „Astralis“ und „Irgendwo, irgendwann“), des ebenfalls noch im Jahr 1977 veröffentlichten Studioalbums „Brandung“ hinzugefügt. „Konzerte“ war ursprünglich auf dem Plattenlabel Brain veröffentlicht worden, erschien dann in diversen Neuauflagen. Die Aufnahmen zu „Konzerte“ entstanden zwischen Januar und April 1977 bei Konzerten in Göttingen, Oldenburg, Hamburg, Essen und Lüneburg. Mit von der Partie war nun ein neuer Sänger und Gitarrist, der Österreicher Fred Mühlböck. Angeblich bestanden seine ersten Übungen darin, nicht mehr österreichisch zu klingen, da man die Musik akzentfrei halten wollte. Zudem spielt Fred Mühlböck auch noch Querflöte, setzt das Instrument in der Musik von Novalis auf „Konzerte“ jedoch eher sehr dezent ein.

Auf „Konzerte“ hört man eine sehr gelungene Übersicht, über dass Schaffen der Band in ihren Anfangsjahren, auch wenn das englischsprachige Debut-Album dabei ausgelassen wurde. Sehr stimmungsvollen, melodischen und sich in langen Instrumentalpassagen verlierenden Progressive Rock „Made in Germany“ gibt es auf dem Album zu hören, welches an jeder Stelle eine unaufgeregte und sehr eingängige Stimmung verströmt. An manchen Stellen klingen die Lieder ein klein wenig rockiger als die Originale, was allerdings für ein Live-Album durchaus die Regel darstellt. Der Klang der Scheibe ist in Ordnung, kann allerdings mit den Originalen – verwundert ebenfalls nicht – nicht mithalten.

Die Platte lässt sich gut in einem Durchhören und man kann in die Musik von Novalis bestens eintauchen. Die Höhepunkte sind demnach auch alle Lieder, Ausfälle gibt es keine zu beklagen und diese „Novalis-Atmosphäre“ zieht sich über die gesamte Scheibe hinweg. Besonders lohnenswert sind aber sicherlich die langen Instrumentalpassagen, die dann gegenüber den Original-Versionen noch leicht variiert werden und durchaus etwas rockiger erklingen. Und genau diese Passagen gibt es in einigen Liedern auf „Konzerte“ zu hören.

Fazit: „Konzerte“ eignet sich bestens, um sich einen Überblick über die Musik von Novalis zu Beginn ihrer Karriere zu verschaffen. Der Neue Sänger Fred Mühlböck macht seine Sache sehr gut, die Lieder klingen dicht und atmosphärisch, melodiös und abwechslungsreich. Dass man klanglich ein paar Abstriche machen muss, erscheint selbstverständlich. Die Musik von Novalis ist nicht gerade prädestiniert für ein Live-Album, wenn auch das erlebte Live-Erlebnis sicherlich etwas Besonderes darstellt. Zum Reinhören und Kennenlernen der Musik von Novalis allerdings uneingeschränkt zu empfehlen. Elf Punkte.

Anspieltipps: Wer Schmetterlinge lachen hört