„Walking On A Thin Line“ heißt das dritte Studioalbum der deutschen Band Guano Apes. Es wurde am 3. Februar 2003 auf dem Plattenlabel BMG veröffentlicht. Das Einspielen des Albums zog sich über ein Jahr hin. Das Ergebnis war anschließend allerdings ein kommerzieller Erfolg, denn das Album platzierte sich an der Spitze der deutschen Albumcharts.
Die Musik auf „Walking On A Thin Line“ klingt hart und ziemlich kompromisslos. Ein fetter Sound quillt da aus den Boxen, rockig, immer wieder das Genre Nu Metal streifend. Super eingängig sind die einzelnen Nummern dabei nicht unbedingt, doch sie rocken eben. Dabei ist die Musik der Guano Apes auf diesem Album keine, die man nebenbei hören könnte. Die Aufmerksamkeit ist da wahrlich gefragt und macht die Musik dann sogar noch interessanter und spannender.
So richtige Ohrwürmer gibt es auf „Walking On A Thin Line“ allerdings nicht zu hören. Am Eingängigsten klingt noch das Lied „Kiss The Dawn“, welches sich langsam steigert und nicht gleich losbricht, wie viele andere Lieder des Albums. Einer Zeile dieses Stücks wurde auch der Titel des Albums „Walking On A Thin Line“ entnommen. Ansonsten läuft die Platte ziemlich gleichförmig durch. Für Sängerin Sandra Nasić ist es sogar ihr Lieblingsalbum der Guano Apes. Mir persönlich ist es in seiner Gesamtheit dann aber doch etwas zu gleichförmig geraten.
Fazit: Wer auf geradlinigen Rock bis hin zum Metal steht, die oder der wird auch „Walking On A Thin Line“ mögen. Musik zum Abrocken mit Headbanging-Charakter. Die Titel klingen wie eine Einheit, mir manches mal etwas zu einheitlich. Aber sicherlich ist „Walking On A Thin Line“ kein schlechtes Album geworden. Guano Apes-Fans haben ihren Spaß. Acht Punkte.
Bonus Tracks der remasterten Wiederveröffentlichung:
11. Only The Young (from the soundtrack of "Vision Quest") (4:20)
12. Ask The Lonely (from the soundtrack of "Two Of A Kind") (3:57)
13. Liberty (2:58)
14. Only Solutions (from the soundtrack of "Tron") (3:33)
Gesamtspieldauer: 59:14
„Frontiers“ heißt das achte Studioalbum der US-amerikanischen Rockband Journey. Es erschien am 1. Februar 1983 auf dem Plattenlabel Columbia Records. Nach diesem Album verließ Bassist Ross Valory die Band und wurde schließlich 1996 beim Einspielen des Albums „Trial By Fire“ wieder Mitglied bei Journey. „Frontiers“ verkaufte sich überaus erfolgreich und kletterte in den US Billboard 200 Charts bis auf Platz 2. In Deutschland erreichte die Platte Platz 30 der Albumcharts. Auch die vier ausgekoppelten Singles „Separate Ways (Worlds Apart“, „Faithfully“, „After The Fall“ sowie „Send Her My Love“ konnten sich in den USA allesamt in den Charts platzieren.
Journey erkennt man ziemlich schnell und gut am Sound der Band. Die Stimme des Steve Perry in Verbindung zur rockigen Musik, die immer einen gewissen, gleichen Einschlag aufweist, das ist ziemlich unverwechselbar. Journey gehen bei ihrer Musik keine Experimente ein, das Erfolgsrezept des Mainstream Rocks funktionierte gut. Und dazu gesellt sich eben noch der Umstand, dass die Band durchaus ein Gefühl für die eingängige Melodie besitzt. Unabhängig ob Ballade oder Rocker, die Musik geht ins Ohr.
Die auf der remasterten Version des Albums enthaltenen zusätzlichen Stücke fallen dagegen auch nicht ab. Zwei der Nummern dieser Bonus-Tracks, „Ask The Lonely“ und „Only The Young“, waren sowieso für das Album vorgesehen gewesen und wurden erst im letzten Moment durch „Back Talk“ und „Troubled Child“ ersetzt. Somit hält man mit „Frontiers“ ein Album in Händen, auf dem sich inzwischen fast eine Stunde eingängiger Mainstream befindet. Für Fans dieses Genres natürlich eine klasse Scheibe. Für mich ist der Höhepunkt des Albums gleich das erste Lied, „Separate Ways (Worlds Apart)“. Elektronischer Beginn und dann ein kraftvoller Rocker, bei dem man sogar das Haupthaar ordentlich durchschütteln kann. Und die Melodie ist natürlich auch wieder eingängig.
Fazit: Journey klingen ziemlich unverwechselbar. Eingängiger, US-amerikanischer Mainstream Rock, der auf allen 80er-Jahre-Radiostationen läuft. Für mich klingt das heute nicht mehr sonderlich unterhaltsam. Aber auch in den 80er Jahren war Journey keine Lieblingsband von mir. Bis auf die Hits der Band, die man immer wieder hört, finde ich das alles sehr austauschbar. Sieben Punkte.
„Lap Of Luxury“ sollte so etwas wie ein Comeback-Album für Cheap Trick werden, da die vorherigen Veröffentlichungen kommerziell alle gefloppt waren. Mit Bassist Tom Petersson hatte der ursprüngliche Bassist zwar wieder zu Cheap Trick zurückgefunden, die Plattenfirma Epic Records bestand allerdings darauf, dass die Band nun mit externen Komponisten zusammenarbeiten sollte, um Cheap Trick wieder in die Erfolgsspur zurück zu führen. Und genau das passierte auch. Das Album platzierte sich in den US Billboard 200 Charts auf Platz 16, die ausgekoppelte Ballade „The Flame“ wurde sogar ein Nummer-1-Single-Hit.
Neben dem einigermaßen kommerziellen Erfolg des Albums waren Cheap Trick nun endgültig zu einer Mainstream Band mutiert, die noch mehr auf die musikalischen Vorlieben der jungen, männlichen US-amerikanischen Hörergemeinschaft setzte. Kurz gesagt, Cheap Trick klangen austauschbar und wenn man die Scheibe heute hört, wird es noch langweiliger. Auf „Lap Of Luxury“ erklingen zehn Titel ohne Ecken und Kanten, die zum Teil sogar auch noch poppig angehaucht sind. Diese sind zwar eingängig, trotzdem bleiben sie jedoch nicht hängen, da sie sich zumeist langweilig, wenn nicht sogar belanglos anhören. Die Refrains sind mitsingbar und wenn man eine Rock-Party veranstaltet kann man immerhin mit dieser Musik nichts großartig falsch machen, um ein paar „Rocker“ auf der Tanzfläche zu halten.
Spaß machte Cheap Trick diese Musik selbst allerdings auch nicht besonders, wie Gitarrist Rick Nielsen später mal in einem Interview äußerte und machte die Mitkomponisten dafür verantwortlich. Nun, bis auf die Elvis Presley Nummer „Don’t Be Cruel“, logischerweise ein Rock’n‘Roll, spielt der ganze Rest des Albums auf der Mainstream Bühne. Als Höhepunkt der Platte würde ich dann auch den Single-Hit „The Flame“ benennen, da dieser als Ballade eine weitere musikalische Ausnahme darstellt und durchaus melodiös ins Ohr geht. Und dann erwähne ich an dieser Stelle auch noch das Lied „All We Need Is A Dream“. Die Melodie ist bei diesem Stück dann sogar noch etwas besser gelungen und verfängt sich längerfristig im Ohr.
Fazit: Die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts waren für alle Hörerinnen und Hörer, die etwas Wert auf Anspruch in der Musik setzten, eine nicht ganz leichte Zeit. Viele Bands verfielen völlig diesem Mainstream Sog oder mutierten zu Pop-Formationen. Cheap Trick bewegen sich auf „Lap Of Luxury“ im Bereich des Mainstreams mit poppigen Einsprengseln. Glatte Musik, ohne das Besondere. Sechs Punkte.
Nachdem Lana Del Rey bereits am 19. März dieses Jahres ihr siebtes Studioalbum „Chemtrails Over The Country Club“ veröffentlichte, folgt lediglich ein gutes halbes Jahr später gleich die Nummer 8 unter dem Titel „Blue Banisters“. Das Album hatte die US-amerikanische Sängerin sogar bereits für den Sommer, ursprünglich unter dem Titel „Rock Candy Sweet“ angekündigt gehabt. Jetzt am 22. Oktober war es dann endlich soweit. Fünfzehn neue Lieder der Lana Del Rey, die überwiegend ganz im Stile ihrer bisherigen Musik gehalten sind.
Und das ist keineswegs langweilig oder man hat das Gefühl, alles schon mal gehört zu haben. Auf „Blue Banisters“ erweitert Lana Del Rey ihren Liedkatalog und wer bereits ihre vorherigen Alben mochte, die oder der wird auch auf „Blue Banisters“ jede Menge Musik für sich finden. Dieser wunderschöne und so gefühlvolle Gesang der Lana Del Rey in Verbindung zu dieser zarten, mitunter fast schon zerbrechlich wirkenden Instrumentierung, lässt einen ganz schnell in eine andere Welt eintauchen. Die Lieder klingen allesamt eingängig und sind mit Melodien ausgestattet, die sofort das Ohr umschmeicheln und sich darin festsetzen. Langweilig klingt das nie, immer jedoch einnehmend und einfach schön.
Mit dem kurzen Titel „Interlude – The Trio“, ein Lied, welches Ennio Morricone für den Italo-Western „The Good, The Bad And The Ugly“ (auf Deutsch „Zwei glorreiche Halunken“) geschrieben hat, lockert Lana Del Rey das Album auf. Auch das Lied „Dealer“, an dessen Entstehung unter anderem auch der englische Musiker Miles Kane mitgewirkt hat, fällt musikalisch etwas aus dem Rahmen. In diesem leicht psychedelisch angehauchten Lied klingt Lana Del Rey nicht verträumt und sehnsüchtig, sondern verzweifelt und verloren, ganz dem Inhalt des Liedes angepasst.
Dies sind die beiden Ausnahmen auf „Blue Banisters“. Ansonsten hört man ein trauriges, düsteres Klavier oder eine gezupfte Gitarre, zu denen Lana Del Rey ihre Texte wundervoll gefühlvoll einsingt, die sich viel mit ihrer Umgebung und ihrem Leben beschäftigen. Manchmal ernst, mitunter leicht ironisch. Das Album endet mit dem Lied „Sweet Carolina“, welches sie zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Vater geschrieben hat. Ein würdiger Abschluss für ein wunderschönes Album.
Fazit: Wer die Musik der Lana Del Rey bisher mochte, wird auch „Blue Banisters“ mögen. Verträumte und intensive, eingängige und melodiöse, sanfte und unaufgeregte Lieder, die einen ganz in die musikalische Welt der Lana Del Rey eintauchen lassen. Mir gefällt das sehr, was ich hier zu hören bekomme und auch, wenn diese Platte bereits das zweite Album innerhalb kürzester Zeit ist, so scheinen Lana Del Rey die Ideen nicht auszugehen. Und das ist sehr schön. Elf Punkte.
Ganz einfach war die Entstehungsgeschichte zu „A View From The Top Of The World“ wohl zuerst nicht, doch dann erwies sich eine zuvor eingeleitete Maßnahme als geradezu ideal, um doch etwas „problemloser“ Alben veröffentlichen zu können – selbst in Pandemiezeiten. Für das Jahr 2019 hatten Dream Theater eine ausverkaufte Tournee zur Unterstützung des im selben Jahr erschienen Albums „Distance Over Time“ und dem 20-jährigen Jubiläum von „Metropolis Pt. II - Scenes From A Memory“ geplant, die sich bis weit ins Jahr 2020 erstrecken sollte. Doch diese globale Pandemie durchkreuzte die Pläne der Band und die Tournee musste abgebrochen werden. Die Musiker fanden sich also zu Hause wieder, LaBrie in Kanada und der Rest der Gruppe in den USA. Doch keiner der Musiker wollte zu Hause untätig herumsitzen. Und wie es das Schicksal so wollte, hatten sie gerade den Bau des Dream Theater Headquarters abgeschlossen. Dies ist eine Kombination aus Live-Aufnahmestudio, Proberaum, Kontrollraum, Lagerraum für Equipment und eben viel Platz um den kreativen Schüben freien Lauf zu lassen. Somit schlug der weltweite Lockdown bei Dream Theater jetzt nicht ganz so hart zu wie bei anderen Bands. Und auch wenn James LaBrie zum Einsingen der Lieder nach Betreten der USA erst mal in Quarantäne musste, so konnte das Album trotzdem, ohne weitere Komplikationen, fertiggestellt werden.
Als ich nun das neue Dream Theater Album „A View From The Top Of The World“ zum ersten Mal hörte, war ich alles andere als überrascht. Dream Theater segeln musikalisch inzwischen durch ihren eigenen Kosmos und man hört Progressive Metal, der eben nach Dream Theater klingt, ohne dabei großartige Experimente zu vollführen. Das braucht die Band auf ihrem inzwischen fünfzehnten Studioalbum auch nicht zu machen, denn dass, was man auf „A View From The Top Of The World“ zu hören bekommt, klingt alles andere als langweilig oder gar abgestanden.
Dream Theater stehen auch auf „A View From The Top Of The World“ für Progressive Metal, abwechslungsreich und spannend. Die harten und schweren Riffs wechseln sich mit sanften Passagen ab, frickelige Abschnitte gehen in wunderbar eingängige Stellen über, und dass die Band das Spiel mit den Atmosphären perfekt versteht, hat sie bereits bei vielen vorherigen Veröffentlichungen gezeigt. Dieses Wechselspiel aus unterschiedlichen Stimmungen wird gerade bei den Longtracks des Albums bis fast zur Perfektion etabliert. Dabei klingen die einzelnen Stücke allesamt eingängig, ganz egal wie schnell die Riffs oder Keyboardläufe vorgetragen werden.
Auf „A View From The Top Of The World“ befindet sich keine Ballade. Trotzdem gibt es diese balladesken Momente, die dann sogar noch intensiver in den einzelnen Titeln wirken, gut verpackt zwischen Metal-Parts oder auch mal frickeligen Abschnitten. Dabei klingen die einzelnen Stücke wie musikalische Einheiten, nicht konstruiert, sondern gewachsen. Ergänzt wird dieser Eindruck durch den Sound des Albums, der keine Wünsche übrig lässt.
Das Album mündet im Titeltrack, der auf über zwanzig Minuten nochmals alles vereint, was Dream Theater bereits in den vorherigen Liedern musikalisch zelebrierten. Das Lied startet symphonisch und mäandert durch verschiedene Passagen, die sich auflösen, um später erneut, leicht verändert wieder zu erklingen. Jedes Bandmitglied bekommt hier seinen Platz und Raum, um sich musikalisch und kreativ entfalten und entsprechend einbringen zu können. Eine spannende und immer wieder überraschende Reise durch die Klangwelt von Dream Theater im Jahr 2021.
Fazit: „A View From The Top Of The World“ stellt einen weiteren, überzeugenden Höhepunkt im Schaffen der Band dar. Seit den 80er Jahren feiern Dream Theater das Genre Progressive Metal wie kaum eine andere Band und erfüllen es immer wieder neu mit Leben. Und das macht definitiv Spaß. Besonders sogar auf „A View From The Top Of The World“. Zwölf Punkte.
Gegründet wurde Molybaron im Dezember 2014 durch den irischen Sänger und Gitarristen Gary Kelly und den französischen Gitarristen Steven Andre. Im Jahr 2017 erschien dann das erste, selbstbetitelte Studioalbum „Molybaron“. Jetzt folgt mit „The Mutiny“ am 29.10. das zweite Werk der Band auf dem Plattenlabel InsideOut Music. Dabei war die Platte bereits am 21. Mai 2021 im Eigenverlag veröffentlicht worden. Die Band scheint mit ihrem Album anscheinend viel Eindruck zu hinterlassen.
Und den hinterlässt sie wahrlich. Legt man „The Mutiny“ auf, begibt man sich auf einen dreiviertelstündigen musikalischen Trip, der irgendwo zwischen Alternative Metal und Progressive Metal angesiedelt ist. Gleich mit dem Opener „Animals“ wissen Molybaron zu begeistern. Ein elektronischer Beginn und wenige Akkorde später bricht das Gitarrengewitter über einen herein. Kraftvoll und konsequent und dazu im weiteren Verlauf noch mit einer eingängigen Melodie ausgestattet. Alle Instrumente verstehen es das Lied voran zu treiben. Gitarre, Bass und das Schlagzeug scheinen eine schier unzertrennliche Einheit zu bilden. Dazu gesellt sich der sehr variantenreiche Gesang des Gary Kelly. Sehr überzeugend zum Beispiel beim Lied „Prosperity Gospel“ zu hören, bei dem er auch mal die höheren Tonlagen bedient.
Doch bei dem Opener bleibt es nicht. Molybaron transportieren diesen musikalischen Ansatz über das gesamte Album hinweg. Treibende, rockende, harte Musik, die immer wieder durch kleinere Gimmicks aufgelockert wird. Sei es beim Gesang, dem Rhythmus, der auch krumme Takte wie selbstverständlich zulässt und dem Spiel mit den Atmosphären und Stimmungen. Kurze, sanfte und akustische Passagen leiten viele rockige Momente ein – oder wechseln sich mit diesen ab. Niemals klingt „The Mutiny“ auch deswegen langweilig.
Und ich gebe es gerne zu, Musik gefällt mir häufig besser, wenn sie mir auch ins Ohr geht, wenn mich die Melodiebögen mit einfangen. Und das schaffen Molybaron auf „The Mutiny“ in meinem Fall fortlaufend. Diese durchaus in der Musik enthaltende Aggressivität gepaart mit eingängigen Melodien, das hat was. Und das beginnt beim mitreißenden Opener „Animals“ und endet erst, wenn das Album mit „Ordinary Madness“ schließlich ganz langsam und verträumt ausklingt.
Fazit: „The Mutiny“ von Molybaron ist ein klasse Metal-Album geworden. Die Musik bewegt sich dabei irgendwo zwischen Alternative Metal und Progressive Metal. Wer auf Headbanging steht sollte eine Gehirnerschütterungsversicherung abgeschlossen haben. Rhythmus, Tempo und packende Melodien werden auf dem Album zu einer Einheit verwoben, die jede Menge Spaß macht. Elf Punkte.
Gesamtspieldauer CD1 (40:49) und CD2 (40:49): 1:21:88
Ich kenne Premiata Forneria Marconi von ihren ersten drei Alben „Storia Di Un Minuto“, „Per Un Amico“ und „L‘Isola di Niente“ aus den Jahren 1972 bis 1974. Grandiose Progressive-Rock-Scheiben, die auch bald fünfzig Jahre nach ihrer Veröffentlichung nichts von ihrer Klasse und ihrem Reiz verloren haben. Umso gespannter war ich auf das aktuelle Werk der Italiener, welches am 22. Oktober auf dem Plattenlabel InsideOut Music erscheint.
Von der ursprünglichen Besetzung der Band ist lediglich Schlagzeuger Franz Di Cioccio übriggeblieben, der sich inzwischen auch als Lead-Sänger einbringt. Wie bei den letzten Veröffentlichungen auch, so erscheint „Ho Sognato Pecore Elettriche“ beziehungsweise „I Dreamed Of Electric Sheep“ ebenso in Form einer Doppel-CD, bei der man einmal die italienische Version, einmal die englische Version des Albums zu hören bekommt. Musikalisch absolut identisch, nur bezüglich der Sprache des eingesungenen Textes unterschiedlich.
Und wie sieht es nun musikalisch verglichen mit den Anfängen der Band aus? Ist das noch Progressive Rock, was man auf „Ho Sognato Pecore Elettriche“ zu hören bekommt? Nun, teilweise ist das immerhin noch so. Irgendwie scheinen sich die Italiener besonders zu Beginn und gegen Ende des Albums an ihre musikalischen Wurzeln erinnert zu haben. Denn genau da klingen Premiata Forneria Marconi noch am stärksten progressiv und überhaupt am Überzeugendsten. Die Titel in der Mitte des Albums bewegen sich dagegen eher im Bereich des Mainstream Rocks oder gar des Pops. Und das Lied „Ombre amiche“ beziehungsweise „Let Go“ erinnert gar ein wenig an italienischen Schlager. Das zerrt durchaus an den Nerven der geneigten Hörerinnen und Hörer, die mit Premiata Forneria Marconi völlig andere Musik verbinden.
Dass „If I Had Wings“ vorab als Single veröffentlicht worden ist, kann ich dagegen durchaus nachvollziehen. Zwar ist diese Nummer auch kein Progressive Rock mehr, jedoch geht das Lied aufgrund seiner Melodie ins Ohr. Pop bleibt es natürlich trotzdem. Der Beginn des Albums lässt einen dagegen auf etwas völlig anderes hoffen. „Worlds Beyond“ beginnt mit klassischen Tönen und rockt schließlich mitreißend. Für mich bereits der Höhepunkt der ganzen Platte. Dem Lied schließt sich das zunächst sanfte und verträumt klingende „Adrenaline Oasis“ an. Langsam steigert sich die Nummer und weiß ebenfalls zu überzeugen. Dann schließt sich dieser ominöse Mittelteil des Albums an, der mich kaum zu packen weiß. Mitunter ganz nette Melodien, doch poppigen Rock bekommt man pausenlos serviert und dieser hier stellt nicht den Höhepunkt dieses Genres dar.
Mit „Transhumance Jam“ und dem vorangestellten „Transhumance“ wird das Album schließlich beschlossen. Bei diesen zwei Instrumentalnummern klingen Premiata Forneria Marconi nun wieder progressiv, aggressiv und einfach mitreißend. Wahrlich hätte ich mir mehr solcher Stücke auf „Ho Sognato Pecore Elettriche“ beziehungsweise „I Dreamed Of Electric Sheep“ gewünscht. So bleiben ein toller Einstieg und ein ebenso gelungener Ausstieg aus dem Album.
Fazit: Dass Premiata Forneria Marconi immer noch progressiven Rock spielen können, das beweisen die Italiener zu Beginn und am Ende ihres neuen Albums. Dazwischen spielt sich die Platte im Bereich des poppigen Rocks ab, der dann deutlich weniger begeistert. Aufgrund des Ein- und Ausstiegs ist „I Dreamed Of Electric Sheep“ allerdings immer noch ein hörenswertes Album, welches an verschiedenen Stellen gut unterhält. Neun Punkte.
„Road Salt One“ nannte die schwedische Band Pain Of Salvation ihr siebtes Studioalbum. „Road Salt One“ wurde am 17. Mai 2010 auf dem Plattenlabel InsideOut Music veröffentlicht. Auf dem Album hört man, verglichen zu früheren Veröffentlichungen der Band, deutlich mehr Stücke, die liedorientiert sind, weniger verspielt klingen und relativ schnell auf den Punkt kommen. Ist das noch Progressiv Rock? Nun, in seinen Randgebieten wahrscheinlich durchaus noch, doch ist es insgesamt mehr ein Rock-Album geworden. Erneut ein Konzeptalbum, wie so häufig bei Pain Of Salvation, welches mit klasse Rocktiteln aufwartet, die jederzeit gut ins Ohr gehen.
Auf „Road Salt One“ gibt es inhaltlich keine zusammenhängende Geschichte zu hören, vielmehr werden verschiedene Geschichten erzählt, die wie Straßen an unterschiedliche Punkte führen und unterschiedliche Sichtweisen ermöglichen. Diese Geschichten sind verpackt in packende Musik, die ganz schnell ins Ohr geht. Da wird gerockt, es gibt die sanfteren Passagen und die Stimme des Daniel Gildenlöw ist vielschichtig und wandelbar und verleiht den einzelnen Stücken einen zusätzlichen Aspekt.
Die Platte ist eine abwechslungsreiche musikalische Reise, die einfach Spaß macht. Mich überzeugen dabei am meisten die Lieder „Sisters“ – zum Niederknien schön – und „Sleeping Under The Stars“, bei dem die Verbindung von Zirkus-Klängen und Rock so wunderbar gelungen ist. Und dann ist da natürlich noch das Titellied selbst, eine ganz sanfte Nummer, nur drei Minuten lang und trotzdem würde es sich alleine wegen dieses Liedes der Kauf des Albums lohnen. So schön kann Musik klingen.
Fazit: „Road Salt One“ ist kein Progressive Rock Album, wie man es von Pain Of Salvation sonst kennt. Die Schweden sind auf dieser Platte mit ihrer Musik mehr im Rock beheimatet. Dieser kann dabei auch mal ganz sanft klingen oder eben deutlich rocken. Die wunderschönen Melodien gehen schnell ins Ohr und es macht einfach Spaß hier zuzuhören. Klasse Album. Elf Punkte.
Klasse, dass das Plattenlabel Bureau B dieses Album erneut aufgelegt hat. „Weites Land“ von Hans Joachim Roedelius und Alexander Czjzek stammt ursprünglich aus dem Jahr 1987 und war selbstverständlich schon lange vergriffen.
Auf dem Album hört man Hans Joachim Roedelius am Piano und den österreichischen Saxophonisten Alexander Czjzek, der zu den sanften Piano-Klängen auf dem Tenor- oder Sopran-Saxophon improvisiert. Das klingt alles unfassbar entspannt beziehungsweise entspannend und ideal, um einen anstrengenden Tag bei Kerzenschein beruhigend ausklingen zu lassen.
Nichts auf dem Album klingt hektisch oder aggressiv. Es stehen die sanften Töne im Vordergrund, die auch genauso aus den Boxen zu schweben scheinen. Alles hört sich eingängig und melodiös an, obwohl man hier nicht von „richtigen“ Melodien sprechen kann. Es sind diverse Atmosphären, verschiedene Stimmungen, die mit den einzelnen Titeln transportiert werden und diese sind eben sehr einnehmend. Das Ganze bewegt sich im Bereich des Ambient, mit ein paar klitzekleinen jazzigen Einsprengseln. Dabei hört sich die Musik immer wunderschön unaufgeregt an.
Ein kleines Manko des Albums ist leider das Ausblenden der Lieder. Vor allen Dingen beim letzten Stück „Hoffnung“ kommt das unfassbar überraschend und hier hätte man sich ein sanfteres Herausgleiten aus den Stücken gewünscht.
Fazit: „Weites Land“ ist eine klasse Scheibe, wenn man es sich gutgehen lassen möchte. Die Musik erklingt wunderbar eingängig und verfügt dabei noch nicht einmal über eine irgendwie fassbare Melodie. Vorgegeben wäre diese sowieso nicht, da das Album improvisiert wurde. Entspannend und entspannt. Elf Punkte.
Manchmal passiert es beim Musikhören, dass man sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt fühlt. Eine bestimmte Stimme, ein bestimmter Sound und schon schwelgt man in Erinnerungen. John Watts hat solch eine Stimme. Oh, was haben wir damals „Red Skies Over Paradise“ rauf und runtergehört. „Berlin“, „Marliese“, „In England“, „Battalions Of Strangers“, „Cruise Missiles“ und und und. Die Welt war eine völlig andere damals und man selbst auch. Und nun schlägt John Watts mit seiner Band eine Brücke zur damaligen Zeit. Zu genau jenem Album. „Wie hat sich inzwischen alles verändert?“ „Wie hat es sich alles in den letzten vierzig Jahren entwickelt?“, fragt sich John Watts und singt darüber.
Ein wenig Wehmut hört man inhaltlich aus den Liedern heraus, doch trotz dieser Wehmut ist „Til The Oceans Overflow“ gewiss kein trauriges oder schwermütiges Album geworden. Die meisten Stücke grooven sogar und sie klingen eindeutig nach Fischer Z – nicht nur aufgrund der Stimme des John Watts. Doch klingen diese Lieder im Jahr 2021 anders als auf „Red Skies Over Paradise“. Wäre auch schlimm, wenn dem nicht so wäre.
Und so hört man die Musik, sieht das Cover und bemerkt sofort die Verbindung zum 40 Jahre zuvor veröffentlichten Album. Doch beim ersten Mal des Hörens sprangen mich die einzelnen Lieder nicht sofort an, das muss ich gestehen. Jedoch mit jedem weiteren Durchlauf werden auch diese Titel irgendwie zu guten Freunden. Ich habe das Album jetzt mehrere Male durchgehört und mir gefällt das inzwischen sehr, was ich hier zu hören bekomme. Gut, solch ein „lustig-fröhliches“ und irgendwie aufgesetzt klingendes „A.I.Owns.U.“ hätte zum Abschluss nicht mehr unbedingt sein müssen, aber das ist sicherlich Geschmackssache.
Fazit: Somit bleibt festzuhalten, dass man mit „Til The Oceans Overflow“ ein Fischer Z-Album hört, das nach der Band klingt und welches etwas Zeit benötigt, im Ohr von Hörerin und Hörer zu reifen. Diese Zeit sollte man dem Album einräumen, dann wirkt es. Zehn Punkte.
Anspieltipps: Romance Can Last Forever, Cuban Rain Falling, Til The Oceans Overflow, Big Orange Sun
„Real Live“ ist das vierte offizielle Live-Album des US-amerikanischen Musikers Bob Dylan. Es wurde am 29. November 1984 auf dem Plattenlabel Columbia Records veröffentlicht. Die Aufnahmen setzen sich aus verschiedenen Konzerten zusammen. „License To Kill“ sowie „Tombstone Blues“ stammen vom 5. Juli 1984 während eines Konzertes im St. James‘ Park in Newcastle. „I And I“ und „Girl From The North Country“ wurden am 8. Juli in Slane Castle in Irland aufgenommen und die restlichen Aufnahmen stammen von einem am 7. Juli 1984 gespielten Konzert im Wembley-Stadion, London.
Die Aufnahmen fanden im Rahmen der Europa-Tournee des Bob Dylan zur Unterstützung seines Albums „Infidels“ statt. Mit den Liedern „I And I“ und „License To Kill“ finden sich allerdings lediglich zwei Stücke dieses Albums auf „Real Live“. Der Veröffentlichungstermin Ende November brachte Bob Dylan etwas Kritik ein, zu nah lag diese Veröffentlichung am beginnenden Weihnachtsgeschäft.
Auf „Real Live“ hört man ein kleines Potpourri des Schaffens von Bob Dylan. Folk hört man auf dem Album nur ansatzweise, Bob Dylan rockt auf „Real Live“. Manchmal bis hin zum Hard Rock. Das klingt durchaus überzeugend und die Füße scheinen ganz automatisch beim Hören mitzuwippen. Das Publikum ist ebenfalls zu hören, beim Titel „It Ain‘t Me, Babe“ singt es sogar lautstark mit, sodass die Live-Atmosphäre des Albums aufgrund des rockigen Ansatzes und dem Mitwirken der Zuschauer auch gut zu vernehmen ist.
Klasse auch die ausgedehnten Soli, die die einzelnen Lieder nochmals aufwerten. Auch wenn die Kritiker nicht sehr begeistert von diesem Album waren, es sich zudem auch schlecht verkaufte, mich überzeugt „Real Live“ durch den rockigen Ansatz, der oftmals richtig mitreißend gelungen ist und begeistert. Besonders gilt das für die Lieder „I And I“ und „Masters Of War“. Beides auch die längsten Stücke, bei denen die Instrumentalpassagen klasse ausgebaut wurden.
Fazit: „Real Live“, das steht für den rockigen Bob Dylan, der seinen Liedern nochmals Tempo und ausgedehnte Instrumentalpassagen hinzufügte. Die Platte groovt und macht Spaß. Mit Folk hat das nur am Rande zu tun, mit Rock sehr viel mehr. Diese Bearbeitung der Lieder ist es durchaus wert, genauer angehört zu werden. Lohnt sich. Zehn Punkte.
„Don‘t Give Me Names“ heißt das zweite Studioalbum der deutschen Band Guano Apes. Es wurde am 2. Mai 2000 auf dem Plattenlabel BMG veröffentlicht. Einer der Hits der Guano Apes befindet sich auf „Don‘t Give Me Names“, das Alphaville-Cover „Big In Japan“, was sich sogar auf Platz 9 der deutschen Charts platzieren konnte. Auch das Album lief gut und erreichte in Deutschland immerhin Gold-Status.
Nun, auch auf „Don‘t Give Me Names“ hört man relativ kompromisslosen Rock, der auch mal etwas funkig klingen kann. Viel changieren die Guano Apes das Tempo nicht gerade auf diesem Album. Dies bewirkt allerdings auch, dass sich die Platte rundherum geschlossen anhört. Der erste Titel erklingt und man weiß sofort, auf was man sich für die nächste Dreiviertelstunde einstellen kann. Rock-Fans wird es demnach freuen.
Das bereits erwähnte „Big In Japan“ gehört für mich dabei nicht zu den Höhepunkten des Albums. Das Original von Alphaville kenne ich deutlich länger und überzeugt mich da auch noch mehr. Geschmackssache, denn interpretiert haben die Guano Apes das Lied – und nicht nur einfach nachgespielt. Die Nummer rockt hier. Die ersten Lieder knallen sowieso alle rockig aus den Boxen. Erst „Living In A Lie“ nimmt etwas die Geschwindigkeit heraus. Aber das bleibt eine von wenigen Ausnahmen. Eine zweite Ausnahme ist der letzte Titel des Albums, das Lied „Anne Claire“. Für mich sogar der Höhepunkt des ganzen Albums. Das Lied wechselt ein wenig zwischen den Stimmungen und Tempi. Klasse gemacht, dazu noch wunderschön eingängig.
Fazit: Ganz so überzeugend wie das Debut ist „Don‘t Give Me Names“ nicht geworden. Trotzdem macht auch dieses Album Spaß und rockt richtig gut. Die Lieder packen vielleicht zunächst nicht mehr ganz so, doch mit jedem weiteren Durchlauf scheinen auch sie sich zu steigern. Rock-Fans und Fans der Band wird es gefallen. Neun Punkte.
Bonus Tracks der remasterten Wiederveröffentlichung:
11. La Raza Del Sol (B-side of "Still They Ride") (3:26)
12. Don‘t Stop Believin‘ (Live at The Summit, Houston, Texas, November 6, 1981 (4:19)
13. Who‘s Crying Now (Live at The Summit, Houston, Texas, November 6, 1981 (5:43)
14. Open Arms (Live at The Summit, Houston, Texas, November 6, 1981 (3:22)
Gesamtspieldauer: 59:44
„Escape“ nannte die US-amerikanische Rock Band Journey ihr siebtes Studioalbum. „Escape“ erschien am 31. Juli 1981 auf dem Plattenlabel Columbia Records und kletterte bis an die Spitze der amerikanischen Billboard 200 Charts. Unterstützt wurde dieser Erfolg nicht zuletzt auch durch die vier erfolgreichen Single-Auskopplungen der Lieder „Don‘t Stop Believin‘“, „Who‘s Crying Now“, „Still They Ride“ sowie „Open Arms“. „Escape“ ist das erfolgreichste Studioalbum der Band und nach ihrem Greatest Hits Album das zweiterfolgreichste Album insgesamt.
Nun, Journey machen Mainstream Rock, der sich größtenteils immer im selben Tempo abspielt. Natürlich sind die obligatorischen Balladen hier eine Ausnahme. Die Texte behandeln das Thema der Liebe. Mal glücklich, mal traurig, mal euphorisiert, mal verzweifelt. Die einzelnen Lieder gehen mehr oder weniger gut ins Ohr, nichts klingt bei Journey atonal und in keines der einzelnen Stücke muss man sich erst genauer einhören. Journey-Lieder funktionieren bereits beim ersten Hören – das ist auch auf „Escape“ nicht anders.
Und somit gelangt man beim Hören schnell zu der Erkenntnis, dass man ein Journey-Album auch gut nebenbei hören kann. Da tut einem Nichts weh. Zu viel Anspruch an die Texte darf man freilich nicht haben, aber „Nebenbeihören“ bedingt sowieso, dass man auf Inhalte weniger Wert legt. Zu Gute halten muss man den Musikern auf jeden Fall, dass sie es schaffen Lieder zu kreieren, die schnell ins Ohr gehen. Auch das ist sicherlich eine Gabe und im Falle von Journey auch das Erfolgsgeheimnis.
Fazit: Kaum eine Band versteht sich besser darin eingängige „Rocker“ zu schreiben, welche sofort wirken. Auf „Escape“ haben Journey dies formvollendet unter Beweis gestellt. Wer auf Mainstream und AOR steht, die oder der wird mit „Escape“ ganz viel für sich entdecken können. Achtet man allerdings auch auf die Texte und erwartet etwas mehr als „Bum-Tsching-Bum-Tsching-Bum-Tsching“ dann wird „Escape“ zwar noch nicht zu einer schlechten Platte, aber zu einer höchstdurchschnittlichen, über die man sich freut, wenn man das eine oder andere Lied auf der 80er Party hört. Ganz Durchhören ist dagegen langweilig. Acht Punkte.